Insolvenzrecht - OLG Karlsruhe zur Anfechtbarkeit der Umwandlung zweier fondgebundener Lebensversicherungen in pfändungsgeschützte Versicherungen

Insolvenzrecht - OLG Karlsruhe zur Anfechtbarkeit der Umwandlung zweier fondgebundener Lebensversicherungen in pfändungsgeschützte Versicherungen

Hintergrund

Die Parteien streiten über die Rechtsfrage der insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit der Umwandlung zweier fondgebundener Lebensversicherungen in pfändungsgeschützte Versicherungen. Der Insolvenzschuldner unterhielt bei der Beklagten eine Klassik Lebensversicherung sowie eine fondgebundene Lebensversicherung, deren Umwandlung in pfändungsgeschützte Versicherungen durch den Insolvenzschuldner bei der Beklagten im Jahr 2017 beantragt wurde. Die Beklagte bestätigte im September 2017 die Umwandlung der Versicherungen. Die neuen Versicherungsscheine begannen zum 01.08.2017. Bereits zuvor, am 21.06.2017, hatte der Insolvenzschuldner Insolvenzantrag gestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 28.09.2017 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Beklagte kannte den Eröffnungsantrag bereits vor der Umwandlung der Versicherungen. Mit Schreiben vom 23.10.2018 erklärte der Kläger die Anfechtung der vorgenommenen Umwandlung der streitgegenständlichen Versicherungsverträge in pfändungsgeschützte Rentenversicherungen. Er kündigte die Versicherungsverträge des Insolvenzschuldners zum nächstmöglichen Zeitpunkt und forderte die Beklagte auf, die sich nach Abrechnung der Versicherungsverträge ergebenden Rückkaufswerte auszukehren. Dies lehnte die Beklagte unter Verweis auf den Pfändungsschutz ab. Der Kläger ist der Auffassung, die Umwandlung der streitgegenständlichen Versicherungsverträge in pfändungsgeschützte Rentenversicherungen sei gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, sodass die Rückkaufswerte der Versicherungen zur Insolvenzmasse zu zahlen sein. Bei der Umwandlung nach § 167 VVG handelt es sich um ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 132 InsO, welches nach Eingang des Eröffnungsantrags am 21.06.2017 vorgenommen worden sei und eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung darstelle, weil die zunächst Masse zugehörigen Rückkaufswerte der Versicherungen der Insolvenzmasse durch die Umwandlung entzogen worden sein.

LG Karlsruhe – Pfändungsgeschützte Verträge fallen nicht in die Insolvenzmasse

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, mit der Umwandlung in pfändungsgeschützte Verträge nach § 167 VVG fielen die Lebensversicherungen nicht mehr in die Insolvenzmasse und seien damit der Verfügungsgewalt des Klägers als Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1, § 35 Abs. 1 InsO, entzogen. Eine Anfechtung der Umwandlung sei nicht möglich. Ein Anfechtungsgrund nach § 134 InsO scheide aus, weil der Schuldner mit der Umwandlung keinem Dritten etwas zugewandt habe. Ein Anfechtungsgrund nach § 132 Abs. 1 Nr. 2 InsO sei ebenso wenig gegeben. Durch die Umwandlung sind keinem Dritten Vermögensvorteile zugeflossen und der Versicherungsnehmer hat lediglich sein ihm durch das Gesetz bewusst eingeräumtes Recht zur Schaffung eines pfändungs- und insolvenzgeschützten Vermögensbestandteils zur Altersabsicherung gehandelt.

 

OLG Karlsruhe – Kein Anspruch auf Auszahlung der Rückkaufswerte aus den pfändungsgeschützten Versicherungsverträgen

Nach Ansicht der Karlsruher Richter hat das Landgericht die Klage gegen den Versicherer auf Auszahlung der Rückkaufswerte aus den pfändungsgeschützten Versicherungsverträgen an die Insolvenzmasse mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die beiden Versicherungen wurden durch Antrag des Schuldners vom 01.07.2017 gemäß § 167 VVG in Versicherungen nach § 851c Abs. 1 ZPO umgewandelt. Sie gehören damit nicht zu der Insolvenzmasse. Den Gläubigern ist ein Zugriff auf dieses Vermögen verwehrt, § 36 Abs. 1 S. 2 InsO. Dem Kläger fehlt deshalb gemäß § 80 Abs. 1 InsO die Verfügungsbefugnis bezüglich dieses Vermögens des Schuldners, er kann keine Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis geltend machen. Die Umwandlung der Versicherungsverträge gemäß § 167 VVG ist nicht anfechtbar. Eine Anfechtung nach § 134 InsO hat das Landgericht mit zutreffender Begründung verneint. Die Umwandlung stellt keine unentgeltliche Leistung an die Beklagte dar, da diese hierdurch keinen Vermögenswert erlangt. Ob die Umwandlung von Lebensversicherungen in pfändungsfreie Versicherungsverträge nach § 132 InsO anfechtbar ist, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 13.10.2011 – IX ZR 80/11 entschieden, dass jedenfalls eine Anfechtung gegenüber dem Schuldner nicht in Betracht kommt, da dieser kein tauglicher Gegner eines Insolvenzanfechtungsanspruchs sein könne. Den Tatbestand des § 132 InsO hat der neunte Zivilsenat allerdings für eröffnet angesehen, ohne sich näher dazu zu äußern, ob und in welchen Fällen eine Anfechtung gegenüber dem Versicherer möglich sein soll. Die insolvenzrechtlichen Tatbestände der §§ 130 ff. InsO setzen allesamt voraus, dass es einen anderen Teil gibt, der von der Rechtsprechung profitiert. Zwar ist denjenigen, die eine Anfechtung der Umwandlung befürwortend, zuzugeben, dass nach § 143 Abs. 1 InsO der Anfechtungsgegner nicht etwa dasjenige herauszugeben hat, was in sein Vermögen gelangt ist, sondern dasjenige, was durch die anfechtbare Handlung dem Zugriff der Gläubiger entzogen wurde. Die Anfechtungstatbestände setzen jedoch voraus, dass eine andere Person durch die Rechtshandlung eine Vermögenszuwendung erhalten hat. Es muss zunächst etwas, zumindest vorübergehend, in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangt sein. Verpflichteter eines Anfechtungsanspruchs kann deshalb nur der Empfänger des anfechtbar weggegebenen Gegenstand sein, also derjenige der durch die Rechtshandlung des Schuldners eine vermögenswerte Position zum Nachteil der Masse erlangt hat. Des Weiteren ist bei den Anfechtungstatbestände – insbesondere auch des § 132 InsO – auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners abzustellen. Gibt es aber niemanden, der von der Rechtshandlung profitiert, bleibt unklar, auf wessen Kenntnis abzustellen ist. Darüber hinaus würde der Anwendungsbereich des § 167 VVG weitestgehend leerlaufen, wenn man eine Anfechtung der Umwandlung nach § 132 InsO zulassen würde. Sinn und Zweck des Gesetzes würden verfehlen. Die Lebensversicherung soll vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt werden und dass gerade in der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz. Ließe man eine Anfechtung nach § 132 InsO zu, wären die Tatbestandsvoraussetzungen fast immer erfüllt, da die vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung der Umwandlung immanent ist. Eine Kenntnis des Versicherers, der einen Umwandlungsantrag erhält, lässt sich deshalb in der Regel nicht verneinen.

 

Der Schuldner wird die Umwandlung seiner Lebensversicherung gerade dann in Betracht ziehen, wenn die Krise bereits eingetreten ist und damit auch die zeitliche Komponente des § 132 InsO (bis zu drei Monate vor Insolvenzantragstellung) erfüllt ist. Zudem hätte der Versicherer keinerlei Möglichkeit zu verhindern, dass er vom Insolvenzverwalter auf Zahlung des Rückkaufswertes in Anspruch genommen würde, da den Umwandlungsantrag des Versicherungsnehmers, wenn die Voraussetzungen des § 851c ZPO erfüllt sind, zwingend umzusetzen hat, § 167 S. 1 VVG. Er muss dies auch zügig erledigen und kann nicht etwa die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abwarten. Im Falle einer schuldhaften Verzögerung, an der eine Umwandlung letztlich scheitert, kann er sich gegenüber dem Versicherungsnehmer schadensersatzpflichtig machen.

 

Bei Fragen rund um das Thema Insolvenzanfechtung stehen wir Ihnen in unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.


Sportrecht - AG München zur Verletzung beim Basketball - Sportler gehen ein persönliches Risiko ein

Sportrecht - AG München zur Verletzung beim Basketball - Sportler gehen ein persönliches Risiko ein

„Wer Sport macht, muss mit Verletzungen rechnen, meint das AG München. Ein erwachsener Trainer, der einem seiner jugendlichen Schützlinge versehentlich seinen Ellbogen ins Gesicht hielt, habe nicht besonders aufpassen müssen“.

(AG München, Urteil vom 28.07.2020, Az.: 161C20762/19)

Hintergrund

Das Amtsgericht München hat einem jugendlichen Basketballer Schmerzensgeld und Schadensersatz für eine Sportverletzung versagt. Anlass war das 5 gegen 5 Spiel im Training seines Basketballvereins. Gegen Ende wollte auch der Trainer der Jugendmannschaft noch einmal mitmischen und wechselte sich selbst ein. Bei einem Luftzweikampf fand schließlich der Ellbogen des Trainers den Weg ins Gesicht des 17-jährigen Klägers. In der Version des Jungen handelte es sich um einen Luftzweikampf in einer Rebound-Situation. Dies beschreibt den Fall, dass ein Ball vom Korb wieder abprallt und Spieler beider Teams versuchen, diesen als erstes wieder zu erreichen. Der Jugendtrainer sei dabei mit regelwidrig weit gespreizten Armen zum Ball gesprungen und habe ihn dabei mit dem Ellbogen erwischt. Aus Sicht des Jugendlichen hätte sich der erwachsene Trainer zurücknehmen müssen. Der Trainer hingegen beschrieb eine andere Situation. Er habe mit Ball zu einem Sprung angesetzt, um einen Korbwurf zu versuchen, dann aber den Ball zu einem besser positionierten Mitspieler passen wollen. Dass er hierbei seine Arme ausstreckt, sei ganz natürlich.

Der Treffer im Gesicht hatte eine Schneidezahnverletzung zur Folge, aufgrund welcher der Jugendliche drei Monate lang nur Flüssignahrung zu sich nehmen konnte. Als Kompensation verlangte er Schmerzensgeld sowie Schadensersatz in Höhe von insgesamt knapp € 4.000,00.

 

AG München: Persönliches Risiko des Sportlers

Das AG München verneinte einen solchen Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch, da bei Sportarten, bei welchen Körpereinsatz gegen den Mitspieler in gewissen Grenzen üblich ist, jeder Spieler sich typischerweise einer gewissen Verletzungsgefahr aussetze. Beim Kampf um den Ball, so das Gericht, könne es immer wieder zu Verletzungen kommen. Das Risiko der Gefahr könne aber nicht auf den Gegenspieler abgewälzt werden, nicht einmal wenn sich dieser regelwidrig verhält. Aus diesem Grund verzichtete das Gericht auch auf eine Beweisaufnahme hinsichtlich des genauen Unfallhergangs. Selbst wenn es sich so zugetragen habe, wie vom Jugendlichen behauptet, müsse dieser ein solches Risiko tragen. Es ist nicht zu verkennen, dass die Eigenart des Basketballspiels auch als Kampfspiel zu charakterisieren ist, begründete der zuständige Richter sein Urteil. Der Sprung zum Ball bei einer Rebound-Situation geht üblicherweise mit der Sicherung des Balles einher. Selbst wenn der Beklagte hier regelwidrig seinen Ellbogen zur Sicherung des Balles zur Seite geschwungen hätte, kann im Hinblick auf den Sachvortrag des Klägers nicht von einem unsportlichen Verhalten des Beklagten ausgegangen werden. Dass es zu einer solchen Verletzung gekommen ist, sei zwar unglücklich, jedoch nicht dem Trainer anzulasten, der auch keine übertriebene Härte im Umgang mit Minderjährigen an den Tag gelegt habe. Als ehrenamtlicher Sporttrainer müsse es möglich sein, auch einmal mitzuspielen, befand der Richter.

 

 

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Arbeitsrecht - EuGH zur Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen - auch Urlaub zählt

Arbeitsrecht - EuGH zur Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen - auch Urlaub zählt

Nimmt man bezahltem Urlaub, darf sich das nicht negativ auf Mehrarbeitszuschläge auswirken. Dies könnte Arbeitnehmer abschrecken, sich den Urlaub überhaupt zu nehmen, so der EuGH in einem deutschen Fall.

Hintergrund

Der EuGH hat die Rechte von Zeitarbeitern bei der Berechnung von Zuschlägen für Mehrarbeit gestärkt. Regelungen in Tarifverträgen, nach denen genommener bezahlter Jahresurlaub bei der Kalkulation von Mehrarbeitszuschlägen nicht berücksichtigt wird, verstoßen gegen EU-Recht, wie aus einem Urteil des Gerichts der Europäischen Union in Luxemburg vom 13.01.2022, RS.C-514/20, hervorgeht.

 

Hintergrund ist ein Streit um den Manteltarifvertrag für Zeitarbeit in Deutschland, der vom Landesarbeitsgericht Hamm bis vor das Bundesarbeitsgericht (BAG) ging. Der Tarifvertrag sieht vor, dass in Monaten mit 23 Arbeitstagen ab einer geleisteten Arbeitszeit von mehr als 184 Stunden ein Zuschlag i.H.v. 25 % gezahlt wird. Unter die geleisteten Stunden fallen jedoch nur tatsächlich erbrachte Stunden, aber nicht die Urlaubszeit. Ein Leiharbeiter klagte dagegen. Er hatte im August 2017 an 13 Tagen gearbeitet und für die verbleibenden zehn Arbeitstage bezahlten Urlaub genommen.

 

EuGH: Regelung kann davon abhalten, Urlaub zu nehmen

Der EuGH stellt sich nun hinter den Arbeitnehmer, auch wenn im konkreten Fall noch das BAG entscheiden muss. Die Luxemburger Richter betonten, dass die fragliche Regelung den Arbeitnehmer davon abhalten könne, in dem Monat, in dem er Überstunden erbracht hat, bezahlten Urlaub zu nehmen. Jedoch sei das Ziel des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, dass der Arbeitnehmer Zeit zur Erholung habe, um seine Sicherheit und seine Gesundheit zu schützen. Jede Praxis oder Unterlassung eines Arbeitgebers, die Arbeitnehmer davon abhalten könne, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, verstoße gegen dieses Ziel. Der EuGH bezieht sich dabei auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Darin ist geregelt, dass die Mitgliedstaaten erforderliche Maßnahmen treffen müssen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Jahres-Mindesturlaub von vier Wochen erhält. Diese Regelung sei im Lichte von Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta auszulegen, der jedem Arbeitnehmer und jeder Arbeitnehmerin ein Recht auf einen bezahlten Jahresurlaub zuspricht.

Unsere auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei Fragen rund um Jahresurlaub und bezahlter Mehrarbeit gerne jederzeit zur Verfügung.


Dieselskandal - Entscheidung des EuGH - Städte dürfen über Dieselfahrverbote selbständig bestimmen

Dieselskandal - Entscheidung des EuGH - Städte dürfen über Dieselfahrverbote selbständig bestimmen

Hintergrund

Im Streit um die Abmilderung von Grenzwerten bei neuen Abgastests hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) Klagen der Städte Paris, Brüssel und Madrid als unzulässig abgewiesen (Urteil vom 13.01.2022, verbundene Rechtssachen C-177/19, C-178/19, C-179/19). Die Klagen richteten sich auf die Nichtigerklärung einer Verordnung der EU-Kommission, mit der sie die Stickoxidgrenzwerte für Autos der Euro 6 Norm faktisch neu festgelegt hatte.

Die Städte hatten sich zunächst an das Gericht der Europäischen Union (EuG) gewendet und dort in Teilen Recht bekommen. Gegen das Urteil hatten Deutschland, Ungarn und die EU-Kommission Rechtsmittel eingelegt. Der EuGH hob nunmehr die Entscheidung des Gerichts auf.

 

Hintergrund

Im Rahmen des Dieselabgasskandals hatte die Europäische Kommission ein strengeres Prüfverfahren zur Messung von Emissionen in der Betriebspraxis (RDE) eingeführt. Dieses sollte ein realistischeres Bild von den tatsächlichen Emissionen im realen Fahrbetrieb auf der Straße vermitteln. Doch weil mit dem strengeren Prüfverfahren die Fahrzeuge die Grenzwerte nicht einhalten konnten, bestimmte die EU-Kommission in der VO Nr. 2016/646 einen Konformitätsfaktor. Ein Grenzwert dürfte z.B. um das 2,1-fache überschritten werden. Die Europäische Kommission wollte damit Automobilherstellern entgegenkommen.

 

Paris, Brüssel und Madrid sahen im Konformitätsfaktor eine faktische Aufweichung des Grenzwertes. Sie erhoben Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung, da diese sie angeblich daran hindere, Fahrverbote für Fahrzeuge zu verhängen, die dem faktisch neu bestimmten Grenzwert entsprechen. Die Kommission erhob gegen die vorgenannten Klagen Einreden der Unzulässigkeit. Sie machte geltend, diese Städte seien von der streitigen Verordnung nicht unmittelbar betroffen.

 

Das Gericht der Europäischen Union gab den Klagen teilweise statt. Seiner Ansicht nach seien die klagenden Städte unmittelbar betroffen. Auch habe die EU-Kommission die Grenzwerte bei der Einführung von Messungen im praktischen Fahrbetrieb zu Unrecht faktisch erhöht. Dem schloss sich auch der Generalanwalt des EuGH Michael Bobek im Ergebnis an.

 

EuGH: Städte sind nicht unmittelbar betroffen

 

Der EuGH verneinte die Zulässigkeit der Klagen. Er präzisierte den Begriff der unmittelbar betroffenen Person als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage. Zwei Kriterien müssen hierfür nach Ansicht des EuGH kumulativ erfüllt sein. Zum einen muss sich die beanstandete Maßnahme auf die Rechtsstellung dieser Einheiten auswirken. Zum anderen darf sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lassen. Nach diesem Maßstab verneint der EuGH eine unmittelbare Betroffenheit der klagenden Städte. Nach Art. 4 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2007/46 dürfen die Mitgliedstaaten die Zulassung, den Verkauf, die Inbetriebnahme oder die Teilnahme am Straßenverkehr von Fahrzeugen nicht untersagen, beschränken oder behindern, wenn diese den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen. Diese Regelung hindere Städte nur daran, den Verkauf von Fahrzeugen zu untersagen, die der Verordnung entsprechen. Die spätere Teilnahme am Verkehr könne aber sehr wohl verboten werden. Die Städte können daher unbenommen Fahrverbote gegen Dieselautos aus Umweltschutzgründen verhängen. Die Verordnung wirkt sich daher nicht auf die Städte aus. Entsprechend seien diese von der Verordnung auch nicht unmittelbar betroffen, die Klage daher unzulässig. Mit dieser Argumentation begegnete der EuGH den Befürchtungen der Städte, gegen den jeweiligen Mitgliedstaat zu dem sie gehören, keine Vertragsverletzungsklage wegen Verstoßes gegen die Verordnung erhoben werden.

 

Auch wir sind der Ansicht, dass Kommunen auch weiterhin selbstständig über Fahrverbote entscheiden sollen können, weshalb wir die EuGH Entscheidung begrüßen.

 

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Mietrecht - BGH zur Gewerbemiete im Shutdown

Mietrecht - BGH zur Gewerbemiete im Shutdown

Gewerbetreibende, die im Corona-Shutdown ihr Geschäft schließen mussten, haben grundsätzlich einen Anspruch auf Anpassung der Miethöhe im Zeitraum der Schließung. Hoheitliche Betriebsschließungsanordnungen begründen laut BGH eine Störung der Geschäftsgrundlage und nicht etwa einen Mangel nach § 536 Abs. 1 BGB. Betroffen seien nicht etwa Lage oder Zustand der Mietsache, sondern als Teil der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB die Erwartungen der Vertragsparteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern. Im konkreten Fall hatte das OLG Dresden entschieden, dass Vermieter und Mieter das Risiko zu gleichen Teilen tragen müssen. Der BGH erteilte dieser pauschalen 50:50 Lösung nun eine Absage und benennt Kriterien, die bei der Frage der Zumutbarkeit und Risikoverteilung zu beachten sind. So müsse z.B. für Berücksichtigung finden, welche Maßnahmen der Mieter trifft, um drohende Verluste zu mindern.

 

Kaum wurde das Urteil des BGH vom 12. Januar 2022-VII ZR 8 / 21 veröffentlicht, zeigten sich bereits einige enttäuscht von der Entscheidung der Karlsruher Richter. So könne die Argumentation des BGH bereits für die Zeit in der sogenannten zweiten Coronawelle Ende 2020 nicht mehr anwendbar sein, da etwa die Lage als Teil von § 536 BGB wegen der nunmehr ortsgebundenen Schließungen wieder relevant geworden sei. Auch bedeute die Abkehr von der 50:50-Regelung in der Praxis einen erheblichen Arbeitsaufwand, ohne dass zwingend gerechtere Ergebnisse erzielt werden könnten. Zu begrüßen ist allerdings, dass auch die Interessen der Vermieter Berücksichtigung finden. So ist es positiv, dass auch Eigentümer von gewerblichen Immobilien einen Teil der pandemiebedingten Risiken zu tragen haben.

 

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Insolvenzrecht – Neues zur Geschäftsführerhaftung gemäß § 64 S. 1 GmbHG a.F.

Insolvenzrecht – Neues zur Geschäftsführerhaftung gemäß § 64 S. 1 GmbHG a.F.

Das OLG Schleswig-Holstein hatte zur Frage der Geschäftsführerhaftung gemäß § 64 S. 1 GmbHG nach Insolvenz, wenn eine Überschuldung eines Unternehmens zunächst durch eine Verlustdeckungszusage des Mutterkonzerns ausgeschlossen war, zu entscheiden.

Hintergrund

In dem vom OLG Schleswig-Holstein zu entscheidenden Fall nahm der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft A. den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in  Anspruch. Erstinstanzlich hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung von insgesamt ca. 720.000,00 € in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger nun nur noch Ersatzansprüche i.H.v. ca. 100.000,00 € wegen Zahlungen der Schuldnerin im Zeitraum von Oktober bis Mai 2010 weiter. Der Beklagte war Geschäftsführer der Schuldnerin, die auf ihrem im Eigentum der BRD stehenden von der Gesellschaft C. angemieteten Geschäftsgrundstück einen Handel mit Paraffin betrieb. Die Schuldnerin war Teil eines Konzerns, der neben ihr aus der Muttergesellschaft A. und der Schwestergesellschaft A., beide mit Sitz in der Schweiz, bestand. Die A. Holding AG war alleinige Gesellschafterin der Schuldnerin und der A. Chemicals AG. Der Beklagte war Präsident des Verwaltungsrates sowohl der A. Chemicals AG als auch der A. Holding AG. In der Nacht vom 11.06.2009 auf den 12.06.2009 zerstörte ein Großbrand den gesamten Betrieb der Schuldnerin, wobei auch die Kaianlagen der BRD beschädigt wurden. Die Schuldnerin unterhielt bei der D Versicherung AG unter anderem eine Betriebshaftpflichtversicherung mit einer Höchstdeckungssumme von 2.500.000,00 €. Die Versicherung lehnte mit Schreiben vom November 2009 die Erteilung einer Deckungszusage ab, da seit Juni 2006 als Risiko lediglich die Abwicklung des Handels mit Paraffin zur Kerzenproduktion versichert sei, sich bei dem Brand jedoch das Risiko eines Produktions- oder Veredelungsbetriebs und nicht eines Handelsbetriebs verwirklicht habe. Die Schuldnerin nahm nach dem Brand ihren Betrieb nicht wieder auf.

 

Auf Antrag des Beklagten vom August 2010 wurde im November 2010 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Juli 2010 war in der Schweiz das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. Chemicals AG eröffnet worden, am 01.09.2010 erfolgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. Holding AG. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin meldeten die BRD und die Firma C. jeweils wegen des Brandschadens Forderungen i.H.v. ca. 5.100.000,00 € an, wobei die BRD dieselbe Forderung auch gegenüber C. geltend machte und sie ihre Forderung als Regressforderung für den Fall ihrer Inanspruchnahme durch die BRD anmeldete. Durch Vereinbarung vom Dezember 2017 einigten sich der Kläger, die BRD, die Haftpflichtversicherung, die Firma C. und deren Haftpflichtversicherung dahin, dass die Haftpflichtversicherung der Firma C und die D Versicherung zur Abgeltung der brandbedingten Schäden jeweils 1.000.000,00 € an die BRD zahlen sollte. Der Kläger behauptet, die Schuldnerin sei bereits im Jahr 2008, spätestens aber seit dem Brandereignis vom Juni 2009 überschuldet gewesen. Der Beklagte behauptet, die BRD und die Firma C. hätten bis zur Stellung des Insolvenzantrags keine konkreten Forderungen wegen der Brandschäden an die Schuldnerin herangetragen.

 

Im Übrigen sei das Risiko durch die Versicherung der Firma C. abgedeckt gewesen. Etwaige Schadensersatzansprüche der BRD werden zudem durch die Haftpflichtversicherung der Schuldnerin bei der D Versicherung gedeckt gewesen, die ihre Deckungspflicht mit unzutreffender Begründung verneint habe. Der durch den Brand bedingte Schaden der BRD sei zumindest nicht höher gewesen als die Deckungssumme der Haftpflichtversicherung der Schuldnerin. Unter diesen Umständen seien Rückstellungen nicht veranlasst gewesen. Es sei zunächst geplant gewesen, den Betrieb der Schuldnerin wiederaufzunehmen. Erst im August 2010 habe die A. Holding AG entschieden die Produktion nicht wieder aufzunehmen. Die streitgegenständlichen Zahlungen seien mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannserfolg.

 

LG Schleswig-Holstein: Klageabweisung

Das Landgericht hat die auf Zahlung von insgesamt ca. 720.000,00 € gerichtete Klage abgewiesen, da der Kläger weder die Überschuldung noch eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zur Überzeugung des Gerichts habe darlegen und beweisen können. Insbesondere sei das Indiz der rechnerischen Überschuldung aufgrund der Fehlbeträge in den Jahren 2008 und 2009 durch die konzerninterne Verlustdeckungszusage der A. Holding AG gegenüber der Schuldnerin widerlegt, von deren Vorliegen das Gericht überzeugt sei. Auch das Brandereignis habe nicht zu einer Überschuldung der Schuldnerin geführt, da nicht feststellbar sei, dass der BRD durch den Brand tatsächliche Schäden von über 2.500.000,00 € entstanden wären und die Schäden bis zu dieser Höhe von der Versicherung der Schuldnerin gedeckt gewesen seien. Aus diesem Grund habe die Schuldnerin auch keine Rückstellungen wegen des Brandereignisses vornehmen müssen.

 

OLG Schleswig: keine Ersatzansprüche aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 S. 1 GmbHG

Das OLG Schleswig-Holstein entschied, dass das Landgericht geltend gemachte Ansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung zu Recht zurückgewiesen hat. Dem Kläger stehen als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin keine Ersatzansprüche gegen den Beklagten aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 S. 1 GmbHG zu. Eine Ersatzpflicht des Beklagten für von ihm veranlasste Zahlungen kommt demnach nur in Betracht, wenn diese nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet wurden, ohne dass die Zahlungen mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbart wären. Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen wurden vom Landgericht zu Recht verneint. Ein Anspruch nach § 64 S. 1 GmbHG a.F. ist auch nicht wegen einer Überschuldung der Schuldnerin zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen zu bejahen. Überschuldung liegt gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 InsO in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung vor, wenn das Vermögen der GmbH nicht mehr die bestehenden Verbindlichkeiten deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Der maßgebliche modifizierte zweistufige Überschuldungsbegriff beinhaltet ein bilanzielles und ein prognostisches Element. Dabei sind nicht die fortgeschriebenen Wertansätze der Jahresbilanz als entscheidend zugrunde zu legen, sondern eine Überschuldungsbilanz hat nach eigenen, auf den Zweck der Insolvenzeröffnung zugeschnittenen Bewertungsgrundsätzen den wahren Wert des Unternehmens zu ermitteln. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Überschuldung trägt der Insolvenzverwalter. Dieser genügt er zunächst, wenn er eine rechnerische Überschuldung der Gesellschaft substantiiert behauptet. Legt der Insolvenzverwalter für seine Behauptung, die Gesellschaft sei überschuldet gewesen, nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die Ansätze dieser Bilanz darauf zu überprüfen und zu erläutern, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind. Außerdem ergibt sich aus den Kontoauszügen auch eine finanzielle Verstrickung der Unternehmen. Nach den Angaben des Beklagten war die Schuldnerin lediglich ein Dienstleistungsunternehmen, das für die Mutter- und Schwesterfirma tätig wurde und daher von diesen durch Stellung von Produktions- und Finanzmitteln am Leben gehalten wurde. Liquiditätsengpässe der Schuldnerin wurden stets von dem Schwesterkonzern ausgeglichen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Zahlungen durch die A. Chemicals AG auf Anweisung der A. Holding AG erfolgt sind.

Die vom Beklagten damit substantiiert dargelegte Verlustdeckungszusage bzw. Patronatserklärung zwischen Mutter- und Tochterunternehmen führt dazu, dass nicht von einer Überschuldung der Schuldnerin auszugehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.9.2010 – II ZR 296/08).

Eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ist auch nicht durch das Brandereignis eingetreten. Dies wäre der Fall, wenn die Schuldnerin Schadensersatzforderungen in konkreter Höhe sicher erwarten musste und sicher zu erwarten war, dass sie diese nicht würde begleichen können, bzw. wenn sie aufgrund einer konkreten Forderung hätte Rücklagen bilden müssen. Die Forderung i.H.v. 5.100.000,00 € wurde bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gegenüber der Schuldnerin geltend gemacht, sodass ihre Inanspruchnahme nicht hinreichend konkret war. Darüber hinaus ist schon eine Haftung der Schuldnerin fraglich, da ihr Verschulden am Brandereignis nicht festgestellt wurde, da sie das Gelände von C. angemietet und gegenüber dieser ausweichlich des Mietvertrags nur die Versicherung der Lagerbestände übernommen hatte. Schließlich dürfte die Schuldnerin davon ausgehen, dass im Falle ihrer Haftung die Versicherung zahlen werde. Der Beklagte durfte zudem davon ausgehen, dass im Falle der erfolgreichen Inanspruchnahme die maximale Deckungssumme der Versicherung von 2.500.000,00 € zur Begleichung etwaiger Schadensersatzforderungen ausreichen würde. Das OLG wies daher die Geschäftsansprüche aus Geschäftsführerhaftung nach § 64 S. 1 GmbHG folgerichtig ab.

 

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Insolvenzrecht - keine Möglichkeit der Insolvenzanfechtung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVINSAG

Insolvenzrecht - keine Möglichkeit der Insolvenzanfechtung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVINSAG

Im Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die Covid-19-Pandemie bedingten Insolvenz (Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz-COVInsAG) ist unter § 2 die folgende Aussetzung geregelt. Insbesondere trifft § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG folgende Aussage:

Soweit nach § 1 Abs. 1 COVInsAG die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist, sind Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; dies gilt nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind.

Entsprechendes gilt für

a) Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber;
b) Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung eines Schuldners;
c) die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist;
d) die Verkürzung von Zahlungszielen.

Hintergrund:

Das Landgericht Hamburg hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem ein Sachwalter eine Gesellschaft auf Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen nach Insolvenzanfechtung in Anspruch genommen hat. Das LG Hamburg entschied mit Urteil vom 08.09.2021, Az.: 336 O 65/21, dass die streitgegenständlichen Zahlungen § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG unterliegen und damit eine insolvenzrechtliche Anfechtung nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO ausscheidet. Der Kläger ist Sachwalter im Rahmen des über das Vermögen der GmbH in Eigenverwaltung geführten Insolvenzverfahrens. Arbeitnehmer der Schuldnerin waren bei der Beklagten sozialversichert. Aufgrund eines im Juli 2020 bei Gericht eingegangenen Eigenantrags der Schuldnerin wurde mit Beschluss des zuständigen Insolvenzgerichts das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet und der Kläger zum Sachwalter bestellt. Mit Schreiben vom Juni 2020 informierte die Sanierungsberaterin der Schuldnerin die Beklagte darüber, dass nach Überprüfung der wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin dieser angeraten worden sei, zeitnah einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung zu stellen. Die Sanierungsberaterin gehe davon aus, dass etwaige von der Schuldnerin an die Beklagte geleisteten Zahlungen nach Eröffnung eines möglichen Insolvenzverfahrens anfechtbar sein dürften. Im Zeitraum von Juli 2020 bis September 2020 leistete die Schuldnerin auf fällige und durchsetzbare Beitragsforderungen für die Monate Juli bis September 2021 vier Zahlungen über insgesamt ca. 22.000,00 € an die Beklagte, auf den Beitrag für August 2021 zahlte die Beklagte im September 2020 ca. 2.000,00 € an die Schuldnerin zurück. Im Verwendungszweck der Zahlungen gab die Schuldnerin jeweils „Zahlung nur unter Vorbehalt der Rückforderung“ an. Mit Schreiben vom Oktober 2020 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung der im Zeitraum von Juli bis September 2020 geleisteten Zahlungen geltend und forderte die Beklagte zur Rückzahlung auf. Mit Schreiben vom November 2020 lehnte die Beklagte eine Rückzahlung unter Verweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG ab.

 

LG Hamburg: Klage unbegründet

Das LG Hamburg entschied, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückgewähr der von der Schuldnerin im Zeitraum von Juli 2020 bis September 2020 an die Beklagte geleisteten Zahlungen hat. Dabei könne dahinstehen, ob der Kläger überhaupt die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO hinreichend dargelegt hat. Dass der Beklagten die tatsächlich erfolgte Stellung eines Insolvenzantrags durch die Schuldnerin zur Kenntnis gegeben worden sei, hat der Kläger nicht dargetan, vielmehr hat er lediglich vorgetragen, dass der Beklagte mit dem Schreiben der Sanierungsberaterin der Schuldnerin mitgeteilt worden sei, dass der Schuldnerin die Stellung eines Insolvenzantrags habe angeraten werden müssen und ein solcher nunmehr vorbereitet werde. Zwar steht nach § 130 Abs. 2 InsO der Kenntnis eines gestellten Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Stellung eines Eröffnungsantrag schließen lassen. Für einen solchen zwingenden Schluss dürfte die bloße Ankündigung der Stellung eines Insolvenzantrags aber nicht ausreichen. Allerdings unterliegen die streitgegenständlichen Zahlungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG nicht der insolvenzrechtlichen Anfechtung nach § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO. Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 COVInsAG ist im vorliegenden Fall eröffnet. Die streitgegenständlichen Zahlungen wurden im Zeitraum von Juli 2020 bis September 2020 und damit in dem in § 1 COVInsAG genannten Aussetzungsantrag geleistet. Der Eröffnung des Anwendungsbereichs steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers den Insolvenzantrag lediglich wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt hat. Nach § 2 Abs. 2 HS 2 COVInsAG gilt der Anfechtungsausschluss des § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG vielmehr ausdrücklich auch für den Schuldner, der weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist und damit keiner Insolvenzantragspflicht nach § 15 a InsO unterliegt.

Bei den Zahlungen handelte es sich zudem nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten um kongruente Rechtsdeckungshandlungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG.

Der Anfechtungsausschluss nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG beansprucht insbesondere auch dann Geltung, wenn ein Schuldner einen Insolvenzantrag gestellt hat und dies dem Zahlungsempfänger bekannt ist. Der Anfechtungsausschluss nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG gilt ausdrücklich auch für Schuldner, die weder zahlungsunfähig noch überschuldet sind. Erklärtes gesetzgeberisches Ziel des in § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG normierten Anfechtungsausschluss ist es, Sanierungsbemühungen eines pandemiebedingt in die Krise geratenen Schuldners zu unterstützen. Eine Beschränkung des gesetzgeberischen Ziels des in § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG normierten Anfechtungsausschlusses auf außerhalb eines Insolvenzverfahrens erfolgte Sanierungsbemühungen ergibt sich nicht. Es entspricht gerade nicht der Konzeption der Insolvenzordnung, die Sanierung eines Unternehmens bereits mit Stellung eines Insolvenzantrags als gescheitert anzusehen. Dann muss aber das mit dem in § 2 Abs. 1 Nr. 4 COVInsAG normierten Anfechtungsausschluss verfolgte gesetzgeberische Ziel, die Sanierung eines in die Krise geratenen Unternehmens dadurch zu erleichtern, dass ihm durch die Anordnung der Insolvenzfestigkeit von ihm geleisteter Zahlungen die Aufrechterhaltung seiner Geschäftsbeziehungen ermöglicht wird, gleichermaßen auch noch nach Stellung eines Insolvenzantrags verwirklicht werden können.

 

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Sportrecht - DFB Regeln für Spielerberater teilweise unwirksam

Sportrecht - DFB Regeln für Spielerberater teilweise unwirksam

Müssen sich Spielerberater im Fußball dem Verbandsrecht unterordnen oder dürfen sie nach dem Grundsatz der freien Marktwirtschaft agieren? Die Rechte und Pflichten von Spieleragenten im Profifußball werden Vereine und Verbände auch künftig beschäftigen.

Das OLG Frankfurt am Main hat am 30.11.2021 Teile des DFB-Reglement für Spielervermittler für unwirksam erklärt. Diese Entscheidung in einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Fußballbund und der Spielerberater Agentur ROGON traf der Kartellsenat des OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.11.2021, Az.: 11U 172/19). Weiter wirksam bleibt jedoch die Regelung, dass die Spielerberater Provisionen für die Vermittlung von minderjährigen Talenten nicht verlangen können. Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist noch nicht rechtskräftig, da der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat.

Hintergrund

Der Kläger im gegenständlichen Verfahren, Herr Roger Wittmann, Geschäftsführer der in Frankenthal ansässigen Firma ROGON-Sportmanagement, berät unter anderem Stars wie Julian Draxler, Roberto Firminio, Marcel Sabitzer und Thilo Kehrer. Sein Anwalt beruft sich auf den Grundsatz des freien Wettbewerbs und darauf, dass seine Branche rein wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgehe. Die deutsche Fußball-Spielervermittler-Vereinigung (DFVV) hatte die Klage Ihres Mitglieds Wittmann ebenso unterstützt. In der Auseinandersetzung mit dem DFB um das 2015 eingeführte Beraterreglement stand vor allem die Vorgabe, sich als Spielerberater beim DFB registrieren zu lassen und damit den Verband zu unterwerfen.

 

Unterwerfung unter Verbandsgerichtsbarkeit nicht erforderlich

Nach der Entscheidung des OLG auf Grundlage der sogenannten Meca-Medina-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 18.07.2006, Az.: C-519/04) sind folgende Punkte des DFB-Reglements gerechtfertigt: Die Registrierungspflicht der Vermittler, die Verpflichtung der Bekanntgabe von Vergütungen und Zahlungen und das Verbot einer Honorarzahlung bei der Vermittlung von Minderjährigen. Dagegen sei es aus kartellrechtlicher Sicht nicht zulässig, wenn der Verband den außenstehenden Spielervermittlern auferlege, alle Bestimmungen der FIFA und des DFB anzuerkennen und sich der Verbandsgerichtsbarkeit zu unterwerfen. Der Umfang und Inhalt dieser zahlreichen Bestimmungen sei für die Spielervermittler nicht hinreichend bestimmbar. Eine Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit sei nicht erforderlich, so der Kartellsenat des OLG Frankfurt am Main. Auch das Verbot der prozentualen Beteiligung des Spielervermittlers an einem weiteren Transfer bei bestimmten Vertragskonstellationen könne aus kartellrechtlicher Sicht nicht gebilligt werden, so die Frankfurter Richter. Hier geht es darum, dass ein Spieler von einem Verein zu günstigen Konditionen verpflichtet wird. Wenn sich dieser als gelungener Transfer erweist und zu einem größeren Club wechselt, dann durfte der Spielerberater bisher nicht daran partizipieren. Ein großer Streitpunkt war auch die Vergütung bei der Vermittlung von Minderjährigen. Die Spielerberater berufen sich darauf, dass solche Talente bei Verhandlungen auch vor den Vereinen und möglichen Knebelverträgen geschützt werden müssten. Hier urteilte das OLG jedoch zugunsten des DFB, wonach dieser die Minderjährigen als besonders vulnerable Gruppe vor einer nicht am sportlichen, sondern finanziellen Anreize motivierten Einflussnahme auf ihre Spielerkarriere schütze.

 

Spielerberater Verband – Rechtswidrige Praxis beenden

Die Entscheidung der Frankfurter Richter wurde insbesondere auch vom Geschäftsführer der Spielerberatervereinigung DFVV, Herrn Rechtsanwalt Dr. Philipp Wehler begrüßt. „Völlig zu Recht hat das OLG heute dem DFB ins Stammbuch geschrieben, dass die zwingende Unterwerfung der Spielervermittler unter die DFB/DFL-Statuten kartellrechtswidrig ist und einen Verstoß gegen Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellt.“ Ebenso habe das Gericht völlig zu Recht der Vorgabe des DFB eine Absage erteilt, dass juristische Personen, also z.B. eine GmbH, sich nie alleine als an einem Transfer beteiligte Person beim DFB registrieren lassen könnten, sondern immer auch natürliche Personen die für die Tätigkeit als Spielervermittler notwendige Registrierung beim Verband vornehmen müssten, um einen Spieler in Zusammenhang mit deutschen Vereinen beraten zu können. „In keiner anderen Branche wird ein Akteur in vergleichbarer Weise gezwungen, sein Geschäft in einer bestimmten Rechtsform zu erbringen und in die unbegrenzte persönliche Haftung gezwungen“, so Wehler. Der DFB müsse nun schnell reagieren und seine rechtswidrige Praxis beenden.

 

DFB will weitere Schritte prüfen

Der DFB teilte der Legal Tribune Online auf Nachfrage mit, dass man die Urteilsbegründung des OLG Frankfurt am Main sorgfältig auswerten und anschließend auch unter Berücksichtigung der anstehenden neuerlichen Reform der Vorgaben für Spielervermittler durch die FIFA über mögliche weitere Schritte entscheiden werde.

 

Interessant ist an dieser Entscheidung, dass das OLG es offensichtlich für unbedenklich hält, dass Spielervermittler überhaupt einem Reglement unterworfen sind, welches sie beschränkt. Die Entscheidung des OLG stellt somit einen ersten Etappensieg für Spielerberater dar, die nicht nachvollziehen können, warum sich Spielerberater dem Regelwerk der Verbände unterwerfen und somit auch die Verbandsgerichtsbarkeit anerkennen müssten. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH diese Fragen beantworten wird, insbesondere ob sich hier Verbandsrecht dem staatlichen Recht als überlegen erweisen wird.

 

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Sportrecht- kommt die Impfpflicht für Profisportler?

Sportrecht- kommt die Impfpflicht für Profisportler?

Coronafälle bei der Deutschen Fußballnationalmannschaft, Spielausfälle und dramatisch steigende Inzidenzen bundesweit haben auch zur Folge, dass es immer mehr Diskussionen gibt, wie im Profisport mit der Pandemie weiter umzugehen ist. Da es anders als im vergangenen Jahr wirksame Impfstoffe gegen Covid 19 gibt, ist mittlerweile eine Debatte um eine Impfpflicht im Profisport entbrannt. Ist dies wirklich denkbar? Gibt es Alternativen?

Nicht nur Bundestrainer Hansi Flick wünscht sich, dass seine Nationalspieler geimpft sind. Dies nicht erst seit dem positiven Test von Niklas Süle samt Quarantäne für vier weitere Nationalspieler, darunter auch der nicht geimpfte Bayern Spieler Joshua Kimmich, der sich aktuell mit dem Coronavirus infiziert hat. Die Frage, ob nur noch immunisierte Spieler in den Kader berufen werden sollten, ließ der Bundestrainer zunächst offen, reichte dabei aber auch den Ball an die Vereine weiter. Schließlich fehlen den Vereinen bei positiven Fällen vor wichtigen Spielen möglicherweise gleich mehrere Profis, die sich infizieren oder in Quarantäne sitzen. Dies erst recht, wenn sie ungeimpft sind.

 

Selbstverständlich geht es bei dieser Debatte vordergründig um die Vorbildfunktion von Fußballstars wie Kimmich und Co. Allerdings haben insbesondere die Vereine aller Profi-Ligen im Blick, dass der Spielbetrieb aufrechterhalten wird. Der Ausfall teurer Profis wiegt schwer im Kampf um Meisterschaften und Titel und stellt letztendlich auch einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar. „Wir müssen alles dafür tun, um den Spielbetrieb aufrechtzuerhalten. Das fällt in die Selbstbeantwortung jedes einzelnen Clubs, aber auch jedes einzelnen Akteurs, nicht nur Spieler, sondern auch im Umfeld, betonte Steffen Schneekloth, Präsident des Fußballzweitligisten Holstein Kiel im Gespräch mit dem NDR.

 

Da es sich bei Profi Fußballern um Arbeitnehmer handelt, unterliegen diese dem deutschen Arbeitsrecht. So können die Vereine aktuell nicht mehr tun, als an ihre Angestellten zu appellieren. Denn anders als die Zuschauer in den Stadien, wo mittlerweile überwiegend 2G gilt, unterliegen die Profis auf dem Platz bei der Ausübung ihres Berufs dem Arbeitsrecht. Ein Fußballverein als Arbeitgeber kann daher einen Impfzwang ohne eine gesetzliche Impfpflicht nicht durchsetzen, insoweit unterscheiden sich die Clubs nicht von anderen Arbeitgebern. Ein eventueller Impfzwang betrifft das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das Recht auf Unversehrtheit der Beschäftigten, die diese Entscheidungen noch selbst treffen dürfen. Wenn der Stadionbetreiber von seinem Hausrecht Gebrauch macht und sagt, dass er nur geimpfte oder genesene Fans im Stadion haben möchte, dann kann ich als Zuschauer dem Spiel fernbleiben. Als Arbeitnehmer habe ich diese Möglichkeit nicht. Ich muss meine Arbeitsleistung erbringen und ich habe dort vor Ort zu erscheinen. Fest steht, dass jeder Berufssportler das Recht hat, auf den Impfschutz zu verzichten. Aufgrund dessen schieben etliche Vereine den Ball wieder zurück zur Politik. Insoweit sind klare Regelungen notwendig, denn solange es noch nicht einmal im Gesundheits- oder Erziehungswesen eine Impfpflicht gibt, scheint ein gesetzlicher Zwang für Profisportler unwahrscheinlich. Nach eigenen Angaben der drei Profiligen liegt die Impfquote bereits bei über 90 %.

 

Ein anderer Ansatz, um die Impfpflicht quasi durch die Hintertür einzuführen, bietet die Möglichkeit einer 2G-Regelung. Für die beiden Bundesligen müssten dann die DFL oder für die dritte Liga der DFB als Wettbewerbsveranstalter eine 2G-Regelung für die teilnehmenden Vereine festlegen, um so Druck auf die Clubs auszuüben. Dies könnte dazu führen, dass Spieler nicht mehr eingesetzt werden könnten und in der Folge freigestellt würden oder sich der Verein sogar mittelfristig von dem Spieler trennt. Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund seiner Eigenschaft als Ungeimpfter bestimmte Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, könnte eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommen.

 

Im Handball wird solch ein 2G-Szenario schon in Kürze Wirklichkeit. Der Weltverband IHF beschloss am Freitagabend, dass die WM der Frauen in Spanien vom 02.12.2021 bis 19.12.2021 als 2G-Veranstaltung durchgeführt wird. Die gleiche Regelung könnte es auch bei der Männer Handball EM im Januar in Ungarn und der Slowakei geben. Sollte sich in Zukunft durchsetzen, dass alle Wettbewerbsveranstalter eine 2G-Regelung einführen, so werden Vereine, die Spieler dann nicht mehr einsetzen könnten, wahrscheinlich um personenbedingte Kündigungen nicht herumkommen. Eine 2G-Regelung bei großen Meisterschaften oder gar Olympischen Spielen würde den Druck auf ungeimpfte Profis extrem erhöhen und somit womöglich zum Umdenken bewegen.

 

Vorerst liegt der Ball aber bei der Politik, denn eine gesetzliche Impfpflicht im Profisport ist nur durchzusetzen, wenn diese auch gesetzlich verankert ist. In Bezug auf die Impfpflicht durch die Hintertür bei einer 2G-Regelung, bleibt es abzuwarten, ob die Wettbewerbsveranstalter dieses Risiko eingehen und damit eventuell auch finanzielle Verluste hinnehmen würden und ob ungeimpfte Sportler so zum Umdenken zu bewegen wären.

 

In unserer auf das Sportrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen insbesondere bei Fragen in Bezug auf die Arbeitnehmerstellung von Profisportlern kompetent zu Verfügung.


Familienrecht-Ermittlung des Wohnbedarfs für den Trennungsunterhalt

Familienrecht-Ermittlung des Wohnbedarfs für den Trennungsunterhalt

Nach einer Trennung hat die unterhaltsberechtigte Person einen Anspruch auf Fortführung des ehelichen Lebensstandards. Für die Ermittlung des Wohnbedarfs sind laut BGH die Kosten zugrunde zu legen, die für die Anmietung einer Ausstattung der Ehewohnung entsprechenden Unterkunft in angemessener Größe anfallen würden (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – XII ZB 474/20).

Hintergrund

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall heirateten zwei Juristen und bekamen fünf Kinder. Nach 20 Jahren trennten sie sich, vier Kinder blieben bei ihrer Mutter und die älteste Tochter zog aus. Nach der Trennung nahm die Ehefrau eine Teilzeittätigkeit als Richterin am Oberverwaltungsgericht zu 80 % auf. Um ihren bisherigen ehelichen Lebensstandard aufrechtzuerhalten, forderte sie zukünftigen Trennungsunterhalt in Höhe von knapp 2.000,00 € monatlich sowie rückständigen Unterhalt in Höhe von knapp 30.000,00 €. Das Amtsgericht Potsdam entsprach ihrer Forderung teilweise, das Oberlandesgericht Brandenburg wies ihren Antrag hingegen insgesamt ab, weil sie mit ihren Bezügen ihren konkreten Bedarf selbst decken könne. Die Richterin wandte sich in der Folge erfolgreich an den BGH.

 

Richtschnur für konkreten Wohnbedarf

Nach den Karlsruher Richtern habe die Unterhaltsberechtigte nach § 1361 Abs. 1 S. 1, § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf ihren bisherigen ehelichen Lebensstandard. Sie müsse darlegen, wie hoch dieser Bedarf (Größe und Ausstattung der Wohnung, Höhe der Miete samt Nebenkosten) sei. Entgegen der Ansicht des OLG könne die Richterin von der Ausstattung der Ehewohnung ausgehen, den Auszug des Ehemannes und der Tochter berücksichtigen und die sich dann ergebenden möglicherweise geringeren Kosten als Maßstab für den Bedarf benennen. Maßgeblich ist laut der Karlsruher Richter nicht die Festschreibung des früheren Bedarfs, sondern dessen Fortschreibung auf Basis des alten Standards unter Berücksichtigung von Änderungen. Der Wohnbedarf der Kinder bemisst sich den Karlsruher Richtern zufolge mit jeweils 20 % des sich aus dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile ermittelten Unterhaltsbedarfs. Das OLG muss nun erneut verhandeln.

 

Bei Fragen rund um das Thema Unterhalt stehen Ihnen unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwälte kompetent zur Verfügung.