Sportrecht - EuGH zum Verbraucherschutz im Profisport
Vertragsklauseln über die Einkommensbeteiligung bei Profisportlern sind möglicherweise missbräuchlich.
Hintergrund
In einem dem EuGH vorgelegten Fall geht ein lettischer Basketballspieler gegen sein früheres Trainingsunternehmen vor. Dieses hatte mit seinen Eltern, als er noch minderjährig war, einen Vertrag geschlossen. Sollte der Spieler später Profisportler werden, müsse er 10 % seiner Einkünfte an das Unternehmen abführen. Der EuGH hat nun nach Vorlage eines lettischen Gerichts klargestellt, dass eine solche Vertragsklausel möglicherweise missbräuchlich sein könnte (Urteil vom 20.03.2025, AZ: 10-365/23).
Die Eltern des Spielers hatten mit dem Unternehmen einen langfristigen Förderervertrag abgeschlossen, der sportliche, medizinische und psychologische Unterstützung für ihren Sohn vorsah. Dieser verpflichtete sich im Gegenzug dazu, dass er im Falle einer Profikarriere über 15 Jahre hinweg 10 % seiner sportlich erzielten Einnahmen an das Unternehmen abgibt.
Der Sportler wurde tatsächlich zum Profi, weshalb ihn die Vertragsklausel in etwa € 1,6 Mio. kosten würde, immer vorausgesetzt, dass diese auch rechtlich wirksam ist. Hiergegen wehrte sich der Spieler gerichtlich. Das lettische Gericht in der ersten Instanz erklärte die Klausel für unzulässig. In der nächsten Instanz wandte sich das oberste Gericht Lettland mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Dieser sollte überprüfen, ob die EU-Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln (2011/83/EU) in einem solchen Fall überhaupt Anwendung findet und ob die betreffende Klausel im Einklang mit dem EU-Recht steht.
Hintergrund ist die Möglichkeit nach Art. 267a EUV, wonach nationale Gerichte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens den EuGH anrufen können, wenn sie Zweifel an der Auslegung von Unionsrecht haben. Der EuGH bestätigte nun grundsätzlich die Anwendbarkeit der Richtlinie auf den vorliegenden Fall. Laut dem EuGH sind Klauseln, die den Kernbereich eines Vertrags betreffen, wie die Vergütung, grundsätzlich von der Missbrauchskontrolle ausgenommen, sofern sie klar und verständlich formuliert sind. Ist dem nicht so, kann die Klausel dennoch auf Missbräuchlichkeit überprüft werden. Außerdem ist zu beachten, dass wenn das nationale Recht einen höheren Verbraucherschutz vorsieht als das Unionsrecht, die Klausel auch dann überprüft werden kann, wenn sie eigentlich dem Hauptgegenstand des Vertrages zuzuordnen ist.
Der EuGH betonte hier die Bedeutung des Transparenzgebots. Vertragsklauseln müssen so gestaltet sein, dass der Verbraucher die wirtschaftlichen Auswirkungen seiner Verpflichtung realistisch einschätzen kann. Nur dann gelten sie als transparent und klar. Ob die Klausel im konkreten Fall tatsächlich missbräuchlich ist, ließ der EuGH offen. Dies müsse nun das lettische Gericht beurteilen. Die pauschale Annahme eines Missbrauchs bei einer zehnprozentigen Einkommensbeteiligung über 15 Jahre sind jedenfalls nicht zulässig.
Auch müssen in einer Abwägung die Umstände berücksichtigt werden, unter denen der Vertrag geschlossen wurde. Neben dem Inhalt anderer Klauseln seien auch die spezifischen Marktbedingungen im Profisport zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses relevant. Auch könnte von Bedeutung sein, dass der Vertrag nicht vom Sportler selbst, sondern von seinen Eltern als gesetzlichen Vertretern unterschrieben wurde, als er noch minderjährig war. Die abschließende Entscheidung liegt nun beim lettischen Obersten Gericht, dass auf Grundlage der Vorgaben des EuGH prüfen muss, ob die Klausel im konkreten Fall wirksam ist oder nicht.