Sportrecht – Bundesverfassungsgericht zum Justizgewährungsanspruch im Sportrecht

Mit Beschluss vom 03.06.2022 (AZ: 1 BVR 2103/16) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine Schiedsvereinbarung zu einem Schiedsgericht nichtig ist, die auf Statuten Bezug nimmt, die einen Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung grundsätzlich nicht vorsehen.

Hintergrund

In dem zu entscheidenden Fall wandte sich eine aufgrund Dopings gesperrte Berufssportlerin nach Erschöpfung des schiedsgerichtlichen Rechtsweges an die ordentlichen Gerichte.

Hintergrund war, dass die frühere Verfahrensordnung des CAS (Court of Arbitration for Sport) keinen Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung vorsah. Während das zuständige Oberlandesgericht zu dem Ergebnis kam, dass die Schiedsvereinbarung nichtig und der Rechtsweg zu den öffentlichen Gerichten zulässig sei, entschied der BGH, dass der Zulässigkeit der Klage die Einrede der Schiedsvereinbarung entgegenstehe.

Bundesverfassungsgericht hebt Entscheidung des BGH auf

Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung des BGH aufgehoben, da dieser die Reichweite und die Bedeutung des Anspruchs auf Öffentlichkeit des Verfahrens verkannt hat. Ein Schiedsgerichtsverfahren muss effektiven Rechtsschutz gewährleisten und rechtstaatlichen Mindeststandards genügen. Dabei hob das Bundesverfassungsgericht hervor, dass Schiedsvereinbarungen zur Gewährleistung einer international einheitlichen Sportgerichtsbarkeit und zur Bekämpfung des Dopings im Sport erforderlich und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Allerdings habe die konkret in Bezug genommene Vereinbarung den Mindestanforderungen nicht genügt. Denn der Grundsatz der Öffentlichkeit möglicher Verhandlungen, der neben Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz auch in Artikel 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet ist, ist wesentlicher Bestandteil des Rechtstaatsprinzips. Er stellt eine Verfahrensgarantie dar, die einen der öffentlichen Kontrolle entzogene Geheimjustiz verhindern soll und dient daher dem Schutz der am Verfahren Beteiligten. Über dies wird so die Einhaltung des formellen und materiellen Rechts gewährleistet. Dabei verkennt das Bundesverfassungsgericht nicht, dass ein freiwilliger Verzicht auf eine öffentliche Verhandlung durchaus möglich ist, beispielsweise dann, wenn die Beteiligten auf diese verzichten. Entscheidend war im vorliegenden Fall jedoch, dass die früheren Statuten des CAS keine öffentlichen Verhandlungen auch für diejenigen Fälle vorsah, in denen sie nach Artikel 6 Abs. 1 EMRK, die als Bundesgesetz zur Auslegung des Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz heranzuziehen ist, zwingend gewesen wären.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigt erneut das Spannungsfeld zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit auf. Insoweit hat das Verfassungsgericht bestätigt, dass dem Grundsatz der öffentlichen Verhandlung Verfassungsrang beizumessen ist.

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