Kindesunterhalt – Auskunft des Vaters auch bei hohem Einkommen

Erklärt sich ein Vater hinsichtlich des Kindesunterhalts für „unbegrenzt leistungsfähig“, ist er seinem Kind gegenüber dennoch zur Auskunft über sein Einkommen verpflichtet. Dabei ist eine Fortschreibung des Bedarfs über den Höchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle nicht ausgeschlossen. Das hat der Bundesgerichtshof, mit Beschluss vom 16.09.2020 entschieden und damit teilweise seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben (BGH, Beschluss vom 16.09.2020, Az.: XII ZB 499/19).

Hintergrund

In dem Fall verlangte das Kind von ihrem Vater Auskunft zu seinem Einkommen und Zahlung von Kindesunterhalt. Diesbezüglich hatte er sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt. Im Jahr 2014 ließen sich die Eltern nach fünf Jahren Ehe scheiden. Sie waren gemeinsam sorgeberechtigt. Der Vater war Geschäftsführer eines Verlags und weiterer Gesellschaften, die Schülerin lebte bei ihrer Mutter. Eine im Juni 2012 geschlossene Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enthielt eine bis zum 30.06.2019 befristete Regelung zum – mit dem Ehegattenunterhalt zusammengefassten – Kindesunterhalt. Ab Juli 2019 verpflichtete sich der Ex-Mann durch notarielle Urkunde zur Zahlung von 160 Prozent des Mindestunterhalts. Dieser ließ sich mittels der Düsseldorfer Tabelle entsprechend der jeweiligen Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds berechnen.

 

Düsseldorfer Tabelle sieht Einzelfallprüfung vor

Das AG München gab dem Antrag teilweise statt. Das OLG München wies die Beschwerde des Vaters zurück und entschied, dass die Auskunftsverpflichtung des Vaters bestehen bleibe. Die Düsseldorfer Tabelle sehe bei Überschreiten der höchsten Einkommensgruppe eine Einzelfallprüfung vor. Dabei sei von Bedeutung, welcher Finanzbedarf des Kindes angesichts der konkreten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen noch als angemessen anzusehen sei. Der Umstand, dass die Eltern sich schon kurz nach der Geburt des Kindes getrennt hätten, könne nicht von vornherein für eine Begrenzung des Kindesunterhalts herangezogen werden, da das Kind seine Lebensstellung auch von einem Elternteil ableite, mit dem es nie zusammengelebt habe.

 

BGH: Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle sachgerecht

Die Rechtsbeschwerde des Vaters hatte vor dem BGH keinen Erfolg. Das OLG München sei zu Recht davon ausgegangen, dass eine Auskunftsverpflichtung des Vaters nach § 1605 BGB bestehe. Durch den Umstand, dass sich der Unterhaltspflichtige für unbegrenzt leistungsfähig erklärt hat, steht aus Sicht des BGH lediglich fest, dass das Gericht den Unterhalt grundsätzlich ohne Rücksicht auf dessen Leistungsfähigkeit festzusetzen hat. Dies bedeute nicht, dass der Unterhaltsbedarf auch ohne Rücksicht auf die Höhe des Einkommens oder des Vermögens ermittelt werden könne.

 

Keine konkrete Bedarfsermittlung erforderlich

Eine über die höchste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle hinausgehende Fortschreibung der Tabellenwerte hielt der BGH in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht für sachgerecht und verlangte bei hohen Einkommen grundsätzlich eine konkrete Bedarfsermittlung. Diese Rechtsprechung geben die Karlsruher Richter nun teilweise auf. Das Kind leitet aus Sicht des BGH seinen Lebensstandard von den Eltern ab, ohne dass es an diesem tatsächlich teilgenommen hat. Einen Anspruch auf Teilhabe an dem Luxus der Eltern habe es dagegen nicht. Der Unterhalt werde durch das „Kindsein“ geprägt. Laut dem XII. Zivilsenat wird diese Grenze durch eine an der neueren Rechtsprechung des Senats zum Ehegattenunterhalt ausgerichtete Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle noch nicht berührt. Der Unterhalt lasse sich, basierend auf dem konkreten Einkommen des Vaters, nunmehr aus der der möglichen Fortschreibung des Tabellenbedarfs über den Höchstbetrag der Düsseldorfer Tabelle ermitteln.

 

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