Insolvenzrecht - BGH zur Verjährung von Insolvenzforderungen
a) Der Anmeldung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer vorsätzlich begangenen Unterhaltspflichtverletzung muss der konkrete Zeitraum zu entnehmen sein, für den der Schuldner Unterhalt schuldet, dass und in welchem Umfang der Schuldner den geschuldeten Unterhalt nicht bezahlt hat und dass es sich aus Sicht des Gläubigers um ein vorsätzliches Delikt, beispielsweise eine Straftat handelt.
b) Macht ein Gläubiger neben einer Insolvenzforderung zusätzlich einen auf die Insolvenzforderung bezogenen Anspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung aus einem anderen Streitgegenstand als dem der Insolvenzforderung gelten, erstreckt sich der Widerspruch des Schuldners gegen den Rechtsgrund im Zweifel auf die aus dem anderen Streitgegenstand angemeldete Forderung insgesamt.
c) Die durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren eingetretene Hemmung der Verjährung endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung oder Einstellung; auf die Entscheidung über eine Restschuldbefreiung kommt es nicht an.
BGH, Beschluss vom 21.03.2024 – IX ZB 56/22
Hintergrund
Der Antragsteller war mit der Antragsgegnerin verheiratet. Das Amtsgericht – Familiengericht – verpflichtete ihn mit Beschluss vom 08.05.2013, an die Antragsgegnerin für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.08.2010 rückständigen und ab 01.09.2010 laufenden Trennungsunterhalt bis zur Rechtskraft der Ehescheidung zu bezahlen. Der Antragsteller kam diesen Zahlungspflichten nicht nach. Über sein Vermögen wurde mit Beschluss vom 23.06.2014 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Antragsgegnerin meldete auf Grundlage des Beschlusses des Amtsgerichts eine Unterhaltsforderung für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 22. Juni 2014 i.H.v. € 57.126,00 zur Insolvenztabelle an und machte zugleich geltend, dass es sich um eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handele. Die Forderung wurde zur Tabelle eingetragen. In der Spalte zur genauen Bezeichnung des Grundes der Forderung ist eingetragen „Unterhaltsforderung 01.01.2008 bis 22.06.2014“ und „Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung“.
Der Antragsteller widersprach der angemeldeten Unterhaltsforderung insofern, als dass es sich um eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handele. Dieser Widerspruch wurde in die Insolvenztabelle aufgenommen. Im Oktober 2018 wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben und dem Antragsteller wurde Restschuldbefreiung erteilt.
Der Antragsteller hat beantragt, die Vollstreckung aus dem Beschluss des Amtsgerichts vom 08.05.2013 für unzulässig zu erklären und die Antragsgegnerin zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung dieses Titels an ihn herauszugeben. Die Antragsgegnerin hat darauf im Oktober 2021 wieder Antrag gestellt, festzustellen, dass die Forderungen aus diesem Beschluss aus dem Rechtsgrumd der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestehen. Die Rechtshängigkeit des Wiederantrags ist am 10.01.2022 eingetreten.
Das Amtsgericht hat den Anträgen des Antragstellers stattgegeben und den Wiederfeststellungsantrag zurückgewiesen.
BGH – Vollstreckungsabwehrantrag unbegründet
Den Karlsruher Richtern entsprechend sei der Antrag auf Vollstreckungsabwehr zwar zulässig und es würde auch ein Rechtsschutzinteresse bestehen. Allerdings sei der Antrag unbegründet, da der Antragsgegnerin deliktische Ansprüche gegen den Antragsteller aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 170 Abs. 1 StGB zustünden. Demnach habe die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 24.06.2021 hinreichend vorgetragen, dass aufgrund der ausbleibenden Unterhaltszahlungen ihr Lebensbedarf und der ihrer Kinder ohne die Unterstützungsleistungen ihrer Schwester erheblich gefährdet worden wären. Dieser Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Verjährung der Forderung, deren Frist am 31.12.2013 begonnen habe, sei durch die Forderungsanmeldung gehemmt worden. Der Wiederfeststellungsantrag ist zulässig und begründet. Der Antrag ist begründet, da der Antragsgegnerin ein Anspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zustehe. So bleibt es dabei, dass die durch eine Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren eingetretene Hemmung der Verjährung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des Insolvenzverfahrens durch Aufhebung oder Einstellung endet. Irrelevant ist die Entscheidung über eine Restschuldbefreiung.
In unserer auf das Insolvenzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen der Geltendmachung und Abwehr von Insolvenzforderungen kompetent zur Verfügung.
Rechtsanwalt Manuel Ast
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht