Grundstücks- und Immobilienkauf-Vormerkung und die Verjährung des Zustimmungsanspruchs

Der aus § 888 Abs. 1 BGB folgende Zustimmungsanspruch des Vormerkungsberechtigten ist in entsprechender Anwendung von § 902 Abs. 1 S. 1 BGB unverjährbar. Ist allerdings der durch die Vormerkung gesicherte, schuldrechtliche Anspruch verjährt, kann der vormerkungswidrig Eingetragene im Grundsatz die dem Schuldner zustehende Einrede der Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erheben und die Zustimmung aus diesem Grund verweigern.

(BGH, Urteil vom 14.01.2022 – V ZR 245/20).

Hintergrund:

In dem vom BGH entschiedenen Fall wurde zugunsten des Wohnungskäufers am 12.02.1999 eine Auflassungsvormerkung in ein Wohnungsgrundbuch eingetragen. Am 19.07.2001 wurde zugunsten einer Innungskrankenkasse eine Zwangssicherungshypothek in das Grundbuch eingetragen, die nach Darstellung der Hypothekengläubigerin Ansprüche auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge gegen den damaligen Eigentümer der Wohnung sichern soll. Am 05.03.2002 wurde der Wohnungskäufer als Eigentümer der Wohnung in das Grundbuch eingetragen. Gestützt auf die Behauptung, er habe die Zwangssicherungshypothek erst bemerkt, als er seinerseits die Wohnung im Jahr 2018 verkauft habe, verlangt der Wohnungskäufer von der Hypothekengläubigerin die Zustimmung zu der Löschung der Zwangssicherungshypothek. Des Weiteren will er feststellen lassen, dass die Hypothekengläubigerin verpflichtet ist, ihm die durch den verzögerten Weiterverkauf der Wohnung entstehenden Schäden zu ersetzen und die Kosten der Löschung zu tragen. Schließlich begehrt er den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Hypothekengläubigerin hat sich auf Verjährung berufen.

OLG Dresden: Anspruch auf Zustimmung zur Löschung Zwangssicherungshypothek

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Leipzig hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Wohnungskäufers hat das OLG Dresden ihr in vollem Umfang stattgegeben. Nach Ansicht des OLG Dresden steht dem Wohnungskäufer ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Zwangssicherungshypothek gemäß § 888 Abs. 1 BGB zu. Dass die Voraussetzungen dieses Anspruchs vorliegen, habe die Hypothekengläubigerin zu keinem Zeitpunkt inhaltlich in Abrede gestellt. Ohne Erfolg berufe sie sich auf Verjährung. Der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB sei jedenfalls in analoger Anwendung von § 902 Abs. 1 S. 1 BGB unverjährbar, weil es sich um einen dinglichen Rechtsverwirklichungsanspruch handele. Zwar dürfe auch der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch nicht verjährt sein. Eine solche Sachlage sei hier aber nicht gegeben, weil der Auflassungsanspruch des Wohnungskäufers in unverjährter Zeit erfüllt worden sei. Schließlich liegen die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vor. Infolgedessen seien auch die weiteren Anträge begründet. Auf die Revision der Hypothekengläubigerin hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG Dresden zurückverwiesen.

BGH: Kein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung Zwangssicherungshypothek

Im Ausgangspunkt zutreffend geht das OLG Dresden davon aus, dass sich ein Anspruch des Wohnungskäufers nur aus § 888 Abs. 1 BGB ergeben kann. Hiernach kann derjenige, zu dessen Gunsten eine Vormerkung besteht, von dem Erwerber eines eingetragenen Rechts oder eines Rechts an einem solchen Recht die Zustimmung zur Eintragung oder Löschung verlangen, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich ist. Dagegen kann sich der Wohnungskäufer nicht auf ein Grundbuchberichtigungsanspruch gemäß § 894 BGB stützen. Da die Eintragung einer Vormerkung den Eigentümer nicht an einer Verfügung zugunsten eines Dritten hindert, wird das Grundbuch durch eine der Vormerkung widersprechende Eintragung nicht unrichtig. Die Wirkung der Vormerkung besteht gemäß § 883 Abs. 2 S. 1 BGB darin, dass Sie den Rechtserwerb des Dritten dem Vormerkungsberechtigten gegenüber (also relativ) unwirksam sein lässt, soweit der Rechtserwerb des Dritten dem Rechtserwerb des Vormerkungsberechtigten entgegensteht und zwar auch dann, wenn der Rechtserwerb – wie hier – im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt. Abhängig von dem Inhalt des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs ist der vormerkungswidrig Eingetragene daher gemäß § 888 Abs. 1 BGB zur Zustimmung der Eintragung des Vormerkungsberechtigten oder zur Zustimmung zur Löschung des vormerkungswidrig eingetragenen Rechts verpflichtet.

Mit der von dem OLG Dresden gegebenen Begründung lässt sich der Anspruch gemäß § 888 Abs. 1 BGB nach den Karlsruher Richtern aber nicht bejahen. Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Oberlandesgericht Dresden rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen, ob der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch besteht. Die Vormerkung, bei der es sich um ein streng akzessorisches Sicherungsmittel handelt, wäre nicht entstanden bzw. erloschen, wenn der gesicherte Anspruch nicht bzw. nicht mehr bestünde. Infolgedessen wären weder der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB, noch die weiteren mit der Klage geltend gemachten Ansprüche gegeben. § 888 Abs. 1 BGB begründet einen unselbstständigen Hilfsanspruch, der allein der Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs dient und dessen Bestehen voraussetzt. Möglicherweise hält das OLG es für ausreichend, dass der Wohnungskäufer im Grundbuch als Eigentümer der Eigentumswohnung eingetragen ist. Es führt nämlich aus, dass es auf die Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht ankomme, weil der Auflassungsanspruch des Wohnungskäufers in unverjährter Zeit erfüllt worden sei. Das verkennt aber die Funktion der Vormerkung. Wäre der gesicherte Anspruch erfüllt, wäre er erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB), was das Erlöschen der Vormerkung trotz Fortbestehens ihrer Eintragung im Grundbuch nach sich zöge. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, ob der Wohnungskäufer im Wege der Erfüllung bzw. nach Erfüllung die lastenfreie Übertragung des Eigentums beanspruchen kann. Dann wäre die Löschung der Zwangssicherungshypothek im Sinne von § 888 Abs. 1 BGB zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs erforderlich. Von dem Bestehen eines solchen Anspruchs auf lastenfreie Übertragung des Eigentums kann nicht deshalb ausgegangen werden, weil das OLG Dresden an anderer Stelle ausführt, die Hypothekengläubigerin habe die Voraussetzungen des Anspruchs gemäß § 888 Abs. 1 BGB zu keinem Zeitpunkt inhaltlich in Abrede gestellt. Es ist ohnehin zweifelhaft, ob sich dies auch auf den gesicherten Anspruch bezieht.

Jedenfalls wäre dessen Bestehen nicht mit Tatbestandswirkung festgestellt, weil die Behauptung des Wohnungskäufers, er habe die Wohnung durch Kaufvertrag vom 20.10.1998 erworben, im Tatbestand des Berufungsurteils als streitiges Vorbringen wiedergegeben wird. Stehen die Feststellungen in den Entscheidungsgründen in Widerspruch zu der Darstellung und dem Tatbestand, entfalten sie keine Bindungswirkung im Revisionsverfahren.

In dem das OLG Dresden das Bestehen des gesicherten Anspruchs in den Entscheidungsgründen voraussetzt, wird – wie die Revision mit der Verfahrensrüge aufzeigt – unter Verstoß gegen § 138 ZPO, der Parteivortrag der Hypothekengläubigerin übergangen. Sie hat zunächst mit Schriftsatz vom 04.07.2018 bestritten, dass der Wohnungskäufer einen Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums habe. Dies hat sie mit Schriftsatz vom 03.01.2019 vertieft und dargelegt, dass aus ihrer Sicht erhebliche Zweifel daran bestünden, dass eine wirksame Veräußerung stattgefunden habe. Da der Voreigentümer mehrfach die Vermögensauskunft abgegeben habe, besteht die Vermutung, dass es sich um ein Scheingeschäft handele. In der Berufungserwiderung hat die Hypothekengläubigerin erneut auf ihr Bestreiten hingewiesen.

Dieses Bestreiten der Hypothekengläubigerin war ausreichend. Das OLG Dresden verweist zwar in anderem Zusammenhang darauf, die Hypothekengläubigerin habe nicht vorgetragen, dass der von dem Wohnungskäufer behauptete Kaufvertrag die nachträgliche Belastung der Eigentumswohnung mit einer Zwangssicherungshypothek vorgesehen habe. Da aber die Hypothekengläubigerin an den Abreden zwischen dem Wohnungskäufer und dem Voreigentümer nicht beteiligt war, durfte sie das Bestehen des gesicherten Anspruchs wie geschehen insgesamt mit Nichtwissen bestreiten (138 Abs. 3 ZPO). Es ist Sache des Vormerkungsberechtigten und damit des Wohnungskäufers, Bestehen und Fälligkeit des gesicherten Anspruchs darzulegen und zu beweisen.

Danach konnte das Urteil keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif (563 Abs. 3 ZPO).

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