Gewährleistungsrecht / Mangelrecht - mangelhafte Fahrerassistenzsysteme bei Tesla

1. Bei einem mit einem Autopiloten ausgestatteten Neuwagen liegt ein Kaufmangel vor, der einen Rücktritt vom Vertrag begründet, wenn der Autopilot sowohl keine Schilder als auch keine Hindernisse auf der Autobahn und im Stadtverkehr erkennt, bei nicht relevanten Hindernissen unnötig abbremst und Verschmälerungen nicht wahrnimmt.

2. Auch wenn die Autopilotfunktion für den Stadtverkehr nach dem Betriebshandbuch nicht vorgesehen ist, kann einem durchschnittlichen Nutzer nicht zugemutet werden, bei wechselnden Fahrten Autobahn / Außerortsverkehr / Stadtverkehr wiederholt den Autopiloten oder zugehörige Funktionen händisch über das Zentraldisplay zu deaktivieren. Bleibt hingegen der Autopilot durchgehend aktiviert, stellt dies eine erhebliche Gefährdung insbesondere im innerstädtischen Verkehr für den Fahrer und den nachfolgenden Verkehr dar. Plötzliche unnötige Bremsmanöver des Fahrzeugs in einer Situation, in der Menschen entweder gar nicht oder nur leicht bremsen würden, stellen angesichts des dichten innerstädtischen Verkehrs eine massive Gefährdung dar, da es durch ein derartiges Verhalten schnell zu Auffahrunfällen kommt.

(LG München I, Urteil vom 17.06.2022, AZ: 4 O 3834/19).

In dem vom Landgericht München I zu entscheidenden Fall ging es um ein Tesla Modell XS 75 D zu einem Kaufpreis von 112.640,00 €, welches Anfang 2017 erworben wurde. Das Gericht verurteilte die Tesla Germany GmbH zur Rückzahlung des Kaufpreises von immerhin noch 99.416,39 € nebst Zinsen (unter Abzug einer Nutzungsentschädigung) Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs.

Das Gericht kam nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem eindeutigen Ergebnis, dass das Modell X aus mehreren Gründen erheblich mangelhaft sei. Das Zentraldisplay falle teils für mehrere Minuten komplett aus, sodass praktisch keine Fahrzeugfunktionen mehr bedient werden könnten. Dies kann nach Meinung des Gerichts zu sicherheitsrelevanten Situationen führen, z. B. wenn Scheiben beschlagen und die Lüftung nicht mehr geregelt werden kann. Ein weiteres Problem an dem Modell X waren falsch justierte Flügeltüren, die in ihrer Bewegung den Fahrzeuglack verkratzten. Der gravierendste Fehler war der verbaute Autopilot, der eine erhebliche Gefährdung insbesondere im innerstädtischen Verkehr für den Fahrer und den nachfolgenden Verkehr bedeutet.

Im Weiteren ging es um die Frage, wie lange ein Tesla eigentlich hält. Auch in der realen Welt abseits der Werbeaussagen häufen sich Berichte über Teslafahrzeuge mit bereits über 500.000 km Laufleistung. Der Rekordhalter dürfte ein Modell S sein mit 1,5 Mio. km. Die Gesamtkilometerlaufleistung hat immer Auswirkung auf die sogenannte Nutzungsentschädigung. Je mehr Kilometer desto geringer die Nutzungsentschädigung. Ein unzuverlässig arbeitendes Fahrassistenzsystem begründet einen erheblichen Mangel und ermöglicht dem betroffenen Kunden einen Rücktritt vom Kaufvertrag nach den üblichen Gewährleistungsgesichtspunkten.

In unserer auf das Gewährleistungs- und Schadensersatzrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei sämtlichen Fragen hinsichtlich der Gewährleistung beim Kraftfahrzeugkaufvertrag kompetent zur Verfügung.