Gesellschaftsrecht - BGH zur Anfechtungsbefugnis eines nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters

Hintergrund

Nachdem es zum Zerwürfnis eines Gründungsgesellschafters und Geschäftsführers mit seinen beiden Mitgesellschaftern gekommen war, beschloss die Gesellschafterversammlung die Einziehung seines Geschäftsanteils, seine Abberufung als Geschäftsführer, die fristlose Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrags sowie die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen diesen. Er klagte daraufhin gegen die GmbH als Beklagte. In der kurz darauf im Handelsregister der GmbH aufgenommenen Gesellschafterliste war der Kläger nicht mehr als Gesellschafter eingetragen. Im Folgenden fanden weitere Gesellschafterversammlungen zur Wiederholung bzw. Bestätigung dieser bereits gefassten Beschlüsse statt. Der Kläger hatte gegen die Beschlüsse Nichtigkeitsfeststellungs- und Anfechtungsklagen erhoben, die vor dem LG und dem OLG Köln in den ersten beiden Instanzen weitestgehend Erfolg hatten.

BGH – Revision wird stattgegeben

Der dagegen gerichteten Revision der GmbH gaben die Karlsruher Richter im Hinblick auf die Beschlüsse über die Abberufung, die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages und die Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kläger statt. Im Hinblick auf die Beschlüsse über die Einziehung des klägerischen Geschäftsanteils habe hingegen das LG und OLG Köln zu Recht die Nichtigkeit des Beschlusses sowie der Wiederholung und Bestätigungsbeschlüsse festgestellt. Es sei unbeachtlich, dass der Kläger bei der Erhebung der Klagen gegen die Einziehungsbeschlüsse nicht mehr als Inhaber des Geschäftsanteils in der Gesellschafterliste eingetragen war. Zur Sicherstellung der verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit müsse dem nunmehr klagenden Gesellschafter die Anfechtungsbefugnis für die Klage gegen seinen Ausschluss oder die Einziehung seines Geschäftsanteils trotz sofortigem Wirksamwerden des Beschlusses erhalten bleiben. Die negative Legitimationswirkung in § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG, die grundsätzlich auch die Anfechtungsbefugnis umfasst, müsse in diesen Fällen eingeschränkt werden, um effektiven Rechtsschutz im Hinblick auf den bei Entzug der Mitgliedschaft gegebenen Eingriff in den durch Art. 14 Abs. 1 GG Schutz des Eigentums zu gewährleisten.

Die Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses ergebe sich daraus, dass die beklagte GmbH bei der Beschlussfassung nicht über das zur Zahlung der Abfindung notwendige freie Vermögen verfügte. Auch die anschließenden Bestätigungsbeschlüsse hätten nicht zu einem wirksamen Einziehungsbeschluss geführt. Auch wenn grundsätzlich die Wiederholung bzw. Bestätigung eines Einziehungsbeschlusses möglich sei, gelte dies nicht für die Wiederholung bzw. Bestätigung eines nichtigen Beschlusses, da diesem der materiell-rechtliche Mangel des Ausgangsbeschlusses ebenfalls anhaftet. Lediglich anfechtbare Beschlüsse seien einer Bestätigung bzw. Wiederholung zugänglich.

Darüber hinaus scheitere eine inhaltliche Überprüfung der angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse jedoch an der fehlenden Anfechtungsbefugnis des Klägers. Die Beschlüsse über die Abberufung, die Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages und der Anspruchsverfolgung dem Kläger gegenüber verletzten die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Gesellschafterstellung des Klägers in der GmbH nicht, sodass es auch nicht verfassungsrechtlich geboten sei, ihm entgegen der negativen Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG ausnahmsweise die Anfechtungsbefugnis zu erhalten.

Es kann hier festgestellt werden, dass die Heilung bzw. die vorsorgliche Wiederholung oder Bestätigung eines Gesellschafterbeschlusses einer GmbH grundsätzlich möglich ist. Insofern muss aber unterschieden werden zwischen anfechtbaren und nichtigen Beschlüssen. Die Heilung eines bloß anfechtbaren Gesellschafterbeschlusses ist im Aktienrecht und auch im GmbH-Recht möglich. Ein von vornherein nichtiger Beschluss kann nicht durch einen späteren Beschluss bestätigt werden. Die gesetzlich in § 16 Absatz ein S. 1 GmbHG angeordnete negative Legitimationswirkung zulasten des nicht mehr in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafters kann im Interesse der Rechtssicherheit zugunsten eines höherrangigen Grundrechtsschutzes eingeschränkt werden. Dies ist namentlich bei der Gewährung von Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Verlust der von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Gesellschafterstellung der Fall.

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