Erbrecht: Testament auf nicht datierten Notizzettel und mit unbestimmter Erbeinsetzung unwirksam

Ein Testament kann grundsätzlich in Form eines Notizzettels errichtet werden. Ist der Zettel aber nicht datiert und enthält er eine unbestimmte Erbeinsetzung, liegt kein wirksames Testament vor (OLG Braunschweig (Beschluss vom 05.10.2020 – 1 W 42/17).

Hintergrund

In dem von dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig zu entscheidenden Fall verstarb im Jahr 2015 eine verwitwete kinderlose Frau. Die nächsten noch lebenden Verwandten waren zwei Kinder eines bereits verstorbenen Cousins. Es existierte ein gemeinschaftliches Testament aus dem Jahr 2001, welches die Erblasserin mit ihrem Ehemann abgeschlossen hatte. Durch das Testament hatten sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Eine Schlusserbenbestimmung gab es nicht. Sodann beantragte eine Frau die Ausstellung eines auf sie als Alleinerbin lautenden Erbscheins. Zur Begründung legte sie einen undatierten Notizzettel vor. Auf diesem wurde von der Erblasserin handschriftlich vermerkt: „Wenn sich für mich (…) einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt der bekommt mein Haus und alles was ich habe.“ Der Notizzettel enthielt zudem die Unterschrift der Erblasserin. Die Frau behauptet nun, sich um die Erblasserin gekümmert zu haben.

Amtsgericht wies Antrag zurück

Das AG Wolfsburg wies den Antrag zurück. Es sah in dem Notizzettel kein wirksames Testament, da kein Erbe namentlich bestimmt wird. Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin Beschwerde ein.

OLG verneint ebenfalls Vorliegen eines wirksamen Testaments

Das OLG Braunschweig bestätigte die Entscheidung des AG. Zwar könne ein Testament durchaus auf einen Notizzettel wirksam errichtet werden. So lag der Fall hier aber nicht. Der Text auf dem Notizzettel sei hinsichtlich der Person des Begünstigten zu unbestimmt, um eine wirksame Erbeinsetzung bewirken zu können. Es bleibe offen, was mit dem Begriff „aufpassen“ gemeint sei. Der Begriff sei zu unbestimmt. Zudem könne ein nicht datierter Zettel kein Testament darstellen. Da der Notizzettel nicht datiert ist und sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung auch nicht anderweitig treffen lassen können, sei es nicht möglich zu prüfen, ob die Erblasserin den Notizzettel zeitlich vor oder nach dem gemeinschaftlichen Testament verfasst hat.

Checkliste: Ist mein Testament wirksam?

Die Entscheidung des OLG Braunschweig haben wir zum Anlass genommen, um häufige und vermeidbare Fehler im Hinblick auf die Wirksamkeit von Testamenten aufzuzeigen. In unserer Checkliste behandeln wir häufig auftretende Fragen zur Wirksamkeit eines Testaments:

 

  1. Muss ich unbedingt zum Notar gehen?

Nein. Ein Testament kann auch privatschriftlich errichtet werden. Allerdings sollten juristische Laien sich vor Verfassen eines privatschriftlichen Testaments anwaltlich beraten lassen. Das Erbrecht und seine Begrifflichkeiten sind komplex und stecken voller Tücken. Bereits eine falsche Formulierung im Testament kann zu unerwünschten Folgen führen.

 

  1. Was ist bei einem privatschriftlichen Testament formell zu beachten?

Ein privatschriftliches Testament muss handschriftlich niedergeschrieben und vom Testierenden unterschrieben werden. Der Testierende darf das Testament also auf keinen Fall am Computer oder mit der Schreibmaschine verfassen. Ein solches Testament ist sogar dann unwirksam, wenn der Testierende es mit der Hand unterschreibt. Wer befürchtet, dass seine Handschrift unleserlich ist, kann dem handschriftlichen Testament eine maschinenschriftlich verfasste Leseabschrift beifügen.

Das handschriftliche Testament sollte auch eine Datumsangabe enthalten. Wenn nach dem Tod mehrere Testamente auftauchen, dann gilt die letztwillige Verfügung, die zuletzt verfasst wurde.

Bei Ehegatten gibt es eine Erleichterung. Es ist möglich, dass nur ein Ehegatte das Testament mit der Hand niederschreibt und beide Ehegatten unterschreiben.

Ein privatschriftliches Testament kann jederzeit vom Erblasser geändert werden. Diese Änderung muss aber formal wirksam sein. Korrekturen wie Streichungen auf einer Kopie können unwirksam sein und für langwierige und kostenintensive Rechtstreitigkeiten nach dem Erbfall sorgen. Auch formell ist es daher sinnvoll, sich anwaltlich beraten zu lassen bzw. etwaige Änderungen von einem Experten überprüfen zu lassen.

 

  1. Wer ist testierfähig?

Grundsätzlich ist jeder Mensch ab dem 16. Lebensjahr fähig, ein wirksames Testament zu errichten. Minderjährige können aber bis zum ihrem 18. Geburtstag nur ein notarielles Testament errichten.

Voraussetzung für die Testierfähigkeit ist, dass der Erblasser das Testament frei von Geistesstörungen, Bewusstseinsschwächen oder Beeinflussung Dritter errichten, ändern und aufheben kann. Wenn der Erblasser bei der Errichtung des Testaments bereits an Alzheimer oder Demenz litt, kann es im Erbfall schnell zum Streit kommen. Gesetzliche Erben, die durch die Verfügung ausgeschlossen wurden, werden dann in aller Regel versuchen nachzuweisen, dass der Erblasser nicht mehr testierfähig war.  Wer schon bei der Errichtung des Testamentes befürchtet, dass potentielle Erben seine Testierfähigkeit nach dem Tod anzweifeln werden, sollte sich seine Testierfähigkeit von mindestens einem Facharzt bestätigen lassen. Derartige Atteste können dann dem Testament beigelegt werden. Kommt es nach dem Erbfall zum Streit, so muss das Gericht entscheiden. Dieses holt dann in der Regel ein Gutachten zur Testierfähigkeit des Erblassers ein.

 

  1. Wie formuliere ich richtig?

Bei privatschriftlichen Testamenten finden sich häufig Formulierungen, die unterschiedliche Interpretationen zulassen. Dies kann dazu führen, dass der letzte Wille des Erblassers nicht richtig umgesetzt wird.

Beispiel:

„Meine Tochter Anna bekommt mein Haus, mein Sohn Paul erhält meine Uhrensammlung und mein Auto.“

Wie ist diese Formulierung auszulegen? Sind Tochter Anna und Sohn Paul beide Erben ihres Vaters. Oder ist nur Anna, der das Haus zugedacht wurde, die Alleinerbin und Sohn Paul der Vermächtnisnehmer bzw. umgekehrt? Dies ist nicht nur im Hinblick auf zusätzliches Vermögen wichtig, sondern auch in Bezug auf etwaige Schulden des Erblassers, die der Erbe begleichen muss.

Ein weiteres Beispiel:

„Erben zu gleichen Teilen sind mein Sohn Paul und meine Tochter Anna. Paul erhält meine Uhrensammlung und mein Auto, Anna mein Haus.“

Hier hat der Erblasser die Erben zwar deutlich bezeichnet. Es bleibt aber unklar, wie das Vermögen zwischen den erben aufzuteilen ist. Handelt es sich bei de Haus, dem Auto und den Uhren um Vorausvermächtnisse, was dazu führt, dass Anna und Paul das restliche Vermögen des Erblassers hälftig aufteilen müssen? Oder handelt es sich um eine sog. Teilungsanordnung, die dazu führt, dass der Nachlass wertmäßig aufzuteilen ist und Paul vom bank- und Barguthaben mehr erhält als seine Schwester, weil Auto und Uhren weniger wert sind als das Haus.

Der Streit zwischen den Geschwistern, der in solchen Fällen häufig vorprogrammiert ist, hätte sich durch konkretere und deutlichere Verfügungen leicht vermeiden lassen.

 

  1. Wie wird mein Testament gefunden?

Wer ein Testament errichtet hat, sollte sicher gehen, dass es auch gefunden wird. Der Testierende sollte deshalb eine Vertrauensperson (zum Beispiel einen engen Angehörigen, einen engen Freund oder den Rechtsanwalt) darüber informieren, wo es aufbewahrt wird. Wer ganz sicher gehen möchte, gibt sein Testament in die besondere amtliche Verwahrung. Dabei wird das Testament gegen eine Gebühr beim Amtsgericht des Wohnortes des Erblassers hinterlegt. Es ist so vor Änderungen oder Vernichtung geschützt. Sobald das Gericht vom Tod des Erblassers erfährt, eröffnet es das Testament und benachrichtigt Erben, Vermächtnisnehmer und Pflichtteilsberechtigte. Seit dem 01.08.2013 ist diese Möglichkeit der Testamentsaufbewahrung für Erblasser noch attraktiver geworden, da die Gebühr, die sich zuvor aus dem Vermögenswert berechnete, nunmehr pauschal € 75,00 beträgt und damit in den meisten Fällen niedriger ist als zuvor.

Haben Sie Fragen zur Errichtung oder Wirksamkeit Ihres Testamentes? Wollen Sie als Erbe Ansprüche aus dem Testament geltend machen? Als Fachkanzlei für Erbrecht beraten wir Sie rund um das Thema Testament, wir zeigen Ihnen die unterschiedlichen Möglichkeiten der Testamentsgestaltung auf und beraten Sie kompetent in Bezug auf Inhalt und Formalitäten.