Erbrecht - Bundesfinanzhof zu § 23 EStG: Kein anteiliger Erwerb eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks bei entgeltlichem Erwerb eines Miterbenanteils

Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks.

1.
Eine gesamthänderische Beteiligung ist kein Grundstück und auch kein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt.

2.
Eine anteilige Zurechnung im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird im Rahmen des § 23 Abs. 1 S. 1 EStG nur erforderlich, wenn die Gesamthand selbst den Besteuerungsbestand erfüllt. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ist nicht anzuwenden, wenn der Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts deshalb nicht erfüllt ist, da kein Grundstück, sondern ein Gesellschaftsanteil der Gemeinschaft oder Gemeinschaftsanteil angeschafft worden ist.

3.
Soweit im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 05.07.1990 – GrS 2/89 ausgeführt ist, dass dem Erbteilskäufer Anschaffungskosten für die hinzuerworbenen Anteile am Gemeinschaftsvermögen entstehen, lässt diese Aussage nicht hinreichend klar erkennen, ob die Anschaffungskosten den Anteilen oder den Gegenständen im Gemeinschaftsvermögen zuzuordnen sind. Eine Anfrage an die anderen Senate bzw. einer erneuten Anrufung des Großen Senats des BFH bedarf es nicht.

4. § 23 Abs. 1 S. 4 EStG ist auf Erbengemeinschaft nicht anwendbar.

§ 23 Abs. 1 S. 4 EStG besagt, dass die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt. Dieser Grundsatz ist nach der Rechtsauffassung des BFH nicht auf die Erbengemeinschaft anwendbar. Veräußert die Erbengemeinschaft einen zum Nachlass gehörende Immobilie, fällt grundsätzlich hier keine Einkommensteuer an, soweit schon einmal vorher ein Anteil an der Erbengemeinschaft verkauft wurde (vgl. BFH, Urteil vom 26.09.2023 – IX R 13/22).

Im gegenständlichen Streitfall kaufte der Steuerpflichtige Anteile von Miterben an der Erbengemeinschaft und veräußerte dann im Anschluss die Immobilien. Dieser Verkauf wurde vom Finanzamt gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG als privates Veräußerungsgeschäft besteuert. Hiergegen wandte sich der BFH. Voraussetzung für die Besteuerung sei demnach, dass das veräußerte Vermögen zuvor auch angeschafft worden sei. Dies wäre im Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens aber nicht der Fall. Mit dieser Entscheidung hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung geändert und ist der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden entgegengetreten. In Fällen wie diesen kann also Nachlassvermögen steuerfrei veräußert werden.

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