Dieselskandal – OLG München verurteilt Audi AG zu Schadensersatz aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung – obwohl der Motor von Volkswagen entwickelt wurde

Das OLG München hat nun entschieden, dass die Audi AG als Herstellerin der betroffenen Fahrzeuge aus eigenem deliktischen Handeln haftet, auch wenn der schadhafte Motor von der Konzernmutter VW entwickelt wurde.

„Überlässt die die Konzerntochter der Konzernmutter die Entwicklung eines Automotors, hat sie für deren sittenwidriges Verhalten unter dem Gesichtspunkt der Repräsentantenhaftung einzustehen.“ (OLG München, Urteil vom 26.01.2021, Az.: 5 U 2386/20).

Hierdurch schiebt das OLG neuerlichen Versuchen der Audi AG, sich aus der Verantwortung zu ziehen, einen Riegel vor. Diese hat in den letzten Monaten damit begonnen, vorzutragen, dass die Motoren des Typs EA 189 einschließlich der Motorsteuerungssoftware ausschließlich von der Volkswagen AG entwickelt und die Software so verriegelt worden, dass die Mitarbeiter der Audi AG hierauf hätten keinen Einfluss mehr nehmen können.

Haftung aus eigenem deliktischen Handeln

Das OLG geht davon aus, dass die Audi AG auch selbst gemäß §§ 826, 31 BGB für eigenes sittenwidriges Handeln haftet, da sie nach ihrem Vortrag die Verantwortlichkeit für die Entwicklung und Herstellung des Motors EA 189 einschließlich der Motorsteuerungssoftware im Rahmen der sog. Baukastenstrategie an ihre Konzernmutter, die Volkswagen AG, übertragen und diesen in der Folge absprachegemäß in die von ihr hergestellten Fahrzeuge eingebaut hat. Denn insoweit ist die Konzernmutter der Audi AG hinsichtlich der Entwicklung und Herstellung des Motors EA189 als Repräsentantin der Audi AG anzusehen.

 

Compliance-System

Diese Entscheidung ist zu begrüßen. Wir haben in der Vergangenheit in gleich gelagerten Fällen ähnlich argumentiert, wenn die Audi AG und insbesondere deren neu Prozessbevollmächtigte (Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek) vorgetragen haben, sie seien die falschen Ansprechpartner. Irrelevant ist insbesondere, dass der BGH mit Urteil vom 25.05.2020 entschieden hat, dass die VW AG in dem dortigen Verfahren für Motoren des Typs EA 189 deliktsrechtlich verantwortlich ist. Nach den Urteilen des BGH zu den Az. VI ZR 252/19, VI ZR 354/19, VI ZR 367/19, VI ZR 397/19 und VI ZR 5/20, steht zwar fest, dass die VW AG die Käufer vorsätzlich und sittenwidrig getäuscht hat und im Abgasskandal haftet. Die Audi AG schuldet den Klägern Schadensersatz in Form der Rückabwicklung des Kaufvertrages gegenüber dem Hersteller des VW EA-189 Motors. Dies unabhängig ob der getäuschte Kunde ein Fahrzeug mit EA 189 Motor von Volkswagen, Seat, Audi oder Skoda erworben hat. Die Audi AG kann als Herstellerin des gegenständlichen Fahrzeuges ebenso direkt verklagt werden. Bei den Fahrzeugmodellen der Audi AG handelt es sich um Gemeinschaftsentwicklungen mit der VW AG, bei der die Technik der Fahrzeuge in konzernübergreifender Plattformbauweise neben der Konzernmutter auch den Töchtern zur Verfügung stehen und im Wesentlichen durch unterschiedliche Karosserien markenspezifisches Design erreichen. Es ist nicht vorstellbar, dass kein Vorstandsmitglied der Audi AG von dem Einsatz der illegalen Software gewusst hat. Diese Kenntnis drängt sich geradezu auf angesichts eines bei der Audi AG vorhandenen Compliance-Systems, nach dem für jedes Detail eines zu produzierenden PkW das Einverständnis zumindest eines Vorstandsmitglieds eingeholt werden muss. Die Audi AG haftet aus eigenem deliktischem Handeln. Dies beruht auf dem jeweils von ihnen zu verantwortenden Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeuges bzw. des gegenständlichen Motors (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 14.08.2020, Az.: 45 U 22/19).

Bei Fragen rund um das Thema Dieselskandal stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir prüfen Ihre Chancen auf Schadensersatz und stehen Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Seite.