Schenkungsrecht - BGH zum Schenkungsrecht - Widerruf wegen groben Undanks muss nicht begründet werden

Der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner Begründung. Das hat der BGH am 11.10.2022 (Urteil vom 11.10.2022 – X ZR 4/22) entschieden und ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 27.12.2019 – 8 U 142/13) insoweit aufgehoben. Wäre der Widerruf begründungspflichtig, stünde dies im Widerspruch zum gesetzlichen Regelungskonzept, das den Beschenkten zwar nicht durch formelle, aber materielle Wirksamkeitsanforderungen an den Widerruf schützt. Der BGH erklärte damit eine bislang in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung umstrittene Frage. Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ist die Entscheidung zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehen.

Hintergrund

Die mittlerweile verstorbene frühere Klägerin, die Schenkerin, hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Grundstückseigentum auf den Beklagten, also den Beschenkten und die beiden jetzigen Klägerinnen, ihre Erbinnen, übertragen. Einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch behielt sich die Schenkerin vor.

Einige Jahre später erteilte sie Löschungsbewilligungen für ihre eingetragenen Nießbrauchsrechte. Die Löschungsbewilligungen wurden der gemeinsamen Hausverwaltung, der jetzigen Erhabenen und des Beschenkten zur weiteren Verfügung und Verwahrung bei ihren Unterlagen übersandt und in einem Safe im Geschäftslokal der Hausverwaltung aufbewahrt.

Der Beschenkte ließ sich die Urkunde aushändigen und verhandelte mit den jetzigen Erben und der Schenkerin über die Verwendung der Löschungsbewilligungen, ergebnislos. Dennoch ließ er die Löschungsbewilligungen bei den zuständigen Grundbuchämtern einreichen.

Hiergegen erwirkte die Schenkerin eine einstweilige Verfügung. Die Schenkerin widerrief die Schenkungen, klagte auf Rückübertragung des Eigentums an Grundstücken. Erstinstanzlich noch erfolgreich, bis das OLG Frankfurt in der zweiten Instanz die Klage abwies. Dieses Urteil hat der BGH aufgehoben.

BGH-Begründung nicht erforderlich

Die Karlsruher Richter stellten fest, dass die Frage der Begründungspflicht vom Widerruf einer Schenkung nicht abschließend geklärt sei. Zwar werde das Begründungserfordernis von der obergerichtlichen Rechtsprechung und einem überwiegenden Teil der Literatur angenommen. Allerdings sehe ein Teil der Literatur auch ausdrücklich davon. In einem früheren Urteil des BGH (Urteil vom 22.10.2019 – X ZR 48/17) blieb die Frage mangels Entscheidungserheblichkeit noch offen, da der Widerruf einem Begründungserfordernis entsprochen hätte. Der Wortlaut des § 530 BGB schreibt kein Begründungserfordernis vor. Auch werde der Beschenkte hinreichend dadurch geschützt, dass die materielle Wirksamkeit des Widerrufs an enge objektive und subjektive Voraussetzungen geknüpft ist. Das Rückgabeverlangen des Schenkers hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn er das Vorliegen dieser Voraussetzungen vor Gericht darlegen und beweisen kann.

Grober Undank nur in Ausnahmefällen

Die engen materiellen Voraussetzungen des groben Undanks sind in höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt und wurden vom BGH auch im gegenständlichen Fall zugrunde gelegt. Der Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann.

Schließlich könne auch der Gesetzessystematik kein Begründungserfordernis entnommen werden. Dies zeigt ein Vergleich mit § 626 BGB, der die fristlose Kündigung eines Dienstvertrages aus wichtigem Grund regelt. So gelte auch hier die materielle Voraussetzung des wichtigen Grundes, einer formellen Begründung bedürfe es für die Wirksamkeit der Kündigung allerdings nicht. Die Pflicht der unverzüglichen schriftlichen Mitteilung des Kündigungsgrundes, die sogar ausdrücklich in § 626 Abs. 3 S. 2 BGB geregelt ist, sei für die Wirksamkeit der Kündigung nicht maßgeblich.

Bei Fragen zur vorweggenommenen Erbfolge und Einzelheiten des Schenkungsrechts stehen wir Ihnen unserer auf das Erb- und Schenkungsrechts spezialisierten Kanzlei kompetent zur Verfügung.