BGH Sensationsurteil - Hohe Rückzahlungen für Privatversicherte

Im Dezember 2020 hat der BGH in zwei Fällen entschieden, dass die Axa Krankenversicherung wegen der unzureichenden Begründung von Beitragserhöhungen ihren Kunden zu viel gezahlte Beiträge zurückzahlen muss. In den Urteilen hat der BGH konkretisiert, was die Voraussetzungen der Begründung einer Prämienerhöhung und die Folgen eines Begründungsfehlers sind. Den Versicherungen wird aber weiterhin ein großer Spielraum eingeräumt. (Az.: IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19).

Hintergrund

Eine privat Krankenversicherte hatte sich gegen Beitragserhöhungen in den Jahren 2014 bis 2017 gewandt, die die Versicherung auf Grundlage von § 203 Abs. 2 VVG vorgenommen hatte. Das Landgericht hatte geurteilt, dass die Prämienanpassungen unwirksam gewesen seien und die Versicherung verpflichtet sei, die erhöhten Beiträge zurückzuzahlen. Das Oberlandesgericht (OLG Köln, Urteil vom 28.01.2020, Az.: 9 U 138/19) sah auch eine Pflicht der Versicherung zur Rückzahlung eines Teils der erhöhten Beiträge, weil die Versicherung die Prämienanpassung nicht ausreichend begründet habe. Da der Versicherer die Begründung für die Prämienerhöhungen in den Klageerwiderung aber nachgeholt habe, sei der Mangel von diesem Zeitpunkt an geheilt gewesen. Die Prämienanpassungen seien deshalb zum 1. Januar 2018 wirksam geworden, so das OLG.

 

BGH: Versicherung muss Änderung konkret benennen, die zur Erhöhung führt

Der BGH hat in seiner Entscheidung bestätigt, dass bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG diese erst dann in Lauf gesetzt werde, wenn dem Versicherten eine Begründung für die Anpassung zugekommen ist, die den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt. Konkret muss die Versicherung benennen, bei welcher der Rechnungsgrundlagen – Versicherungsleistungen, Sterbewahrscheinlichkeit oder bei beiden – eine nicht nur vorübergehende Veränderung eingetreten ist, die den festgelegten Schwellenwert überschritten hat und damit die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst wurde.

In der Mitteilung zur Begründung der Prämienanpassung gemäß § 203 Abs. 5 VVG muss die Rechnungsgrundlage genannt werden, deren Veränderung die Prämienanpassung ausgelöst hat, also

  • die Veränderung der Leistungsausgaben bzw. Versicherungsleistungen
  • und/oder Sterbewahrscheinlichkeit bzw. Sterbetafeln.

Denn die Veränderung mindestens einer dieser beiden Rechnungsgrundlagen ist in § 155 VAG ausdrücklich als Voraussetzung einer Prämienanpassung genannt.

 

Allgemeine Hinweise nicht ausreichend

Der BGH wies darauf hin, dass eine allgemeine Mitteilung der Versicherung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, nicht genügt. Allerdings muss die Versicherung nicht über die konkrete Veränderung einer Rechnungsgrundlage informieren. Sie muss auch nicht angeben, ob der überschrittene Schwellenwert im Gesetz geregelt ist oder davon abweichend in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Die Mitteilung der maßgeblichen Gründe solle dem Versicherungsnehmer zeigen, was der Anlass für die konkrete Prämienerhöhung gewesen sei. Dagegen habe die Mitteilungspflicht nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen.

 

Keine rückwirkende Zahlung höherer Beiträge

Der BGH wies auch darauf hin, dass Versicherer fehlende Angaben zu den Gründen einer Prämienanpassung nachholen können. Die Frist für das Wirksamwerden der Erhöhung setze dann aber auch erst ab Zugang der Angaben beim Versicherungsnehmer an zu laufen. Eine rückwirkende Heilung einer ursprünglich unzureichenden Begründung gebe es nicht.

 

Fazit

Für Sie als Versicherte bedeutet dies, dass Sie ab dem Wirksamwerden der Erhöhung, die erhöhte Versicherungsprämie zahlen müssen, allerdings nicht rückwirkend. Für erhöhte Versicherungsbeiträge, die Sie gezahlt haben, bevor die Prämienerhöhung gesetzeskonform von der Versicherung begründet wurde, haben Sie einen Anspruch auf Rückerstattung der Beitragserhöhungen.

 

Hat auch Ihre Krankenversicherung die Beiträge erhöht? Gerne überprüfen wir für Sie, ob die Erhöhung gesetzeskonform begründet wurde und machen für Sie etwaige Rückerstattungsansprüche geltend.