Arbeitsvertragsrecht - Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit

Für Zeiträume, in denen Arbeitnehmer aufgrund Konjunkturelle Kurzarbeit Null keine Arbeitspflicht haben, ist der jährliche Urlaubsanspruch anteilig zu kürzen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021, Az.: 6 SA 824/20

Hintergrund

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Parteien darüber streiten, ob der Urlaub der Klägerin für das Jahr 2020 wegen Kurzarbeit gekürzt werden durfte. Die Klägerin ist seit dem 01.03.2011 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Vereinbart ist eine Arbeitszeit von drei Tagen pro Woche. Arbeitsvertraglich steht ein jährlicher Urlaubsanspruch von 28 Werktagen zu. Als Folge der Corona-Pandemie musste im Betrieb der Beklagten Kurzarbeit eingeführt werden. Diese wurde mit den jeweiligen Mitarbeiter/Innen so auch mit der Klägerin vereinbart. In den Monaten April und Mai 2020 wurde der Klägerin zunächst bestehende Resturlaub aus Vorjahren gewährt. Anschließend befand sie sich in den Monaten Juni und Juli 2020 durchgehend in Kurzarbeit „Null“. In der Zeit vom 01.08.2020 bis 08.08.2020 und vom 01.09.2020 bis zum 18.09.2020 erhielt sie Urlaub. Für die Urlaubszeit ist die Klägerin einvernehmlich aus der Kurzarbeit herausgenommen worden. Im gesamten Monat Oktober 2020 galt vereinbarungsgemäß wiederum durchgehend Kurzarbeit „Null“. Im November und Dezember 2020 hat sie an insgesamt fünf Tagen gearbeitet. Die Klägerin machte mit ihrer Klage geltend, dass ihr für das Jahr 2020 ein ungekürzter Urlaubsanspruch im Umfang von 28 Werktagen zustehe, was umgerechnet auf die vereinbarte drei Tage Woche 14 Urlaubstage ergebe. Die Kurzarbeit könne nicht zur Reduzierung des Urlaubsanspruchs führen. Die Beklagte war der Ansicht, dass der Urlaubsanspruch für die Zeiten einer Kurzarbeit Null gekürzt werden könne. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit sei eine Kürzung um ein zwölftel vorzunehmen was monatlich 2,33 Werktagen entspreche. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass Kurzarbeiter mit der Teilzeitbeschäftigten vergleichbar sein. Die Leistungspflichten während der Kurzarbeit seien suspendiert. Bei vielen der Arbeitspflicht entstünden keine Urlaubsansprüche. Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage abgewiesen.

 

LAG Düsseldorf: Keine Urlaubsansprüche bei Kurzarbeit Null

Das LAG Düsseldorf wies die Berufung der Klägerin zurück und bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts Essen. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober habe die Klägerin für diesen Zeitraum keine Urlaubsansprüche nach § 3 BUrlG erworben. So bestimme § 3 BUrlG die Zahl der Urlaubstage ausgehend vom Erholungszweck des gesetzlichen Mindesturlaubs in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht. Für die Ermittlung des Urlaubsanspruchs sei daher auf die für das gesamte Urlaubsjahr arbeitsvertraglich vorgesehene Verteilung der Arbeitszeit bezogen auf die Wochentage abzustellen. Dies gelte auch, wenn für einzelne Zeiträume eine Befreiung von der Arbeitsverpflichtung, also eine Arbeitszeit „Null“ vereinbart wurde. Nach Auffassung des LAG Düsseldorf steht diese Berechnung des Urlaubsanspruchs auch mit dem Unionsrecht grundsätzlich im Einklang. So habe der EuGH entschieden, dass der Zweck des in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG jedem Arbeitnehmer gewährleisteten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub darin bestehe, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung dem nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Insofern beruhe der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auf der Prämisse, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Referenzzeitraums tatsächlich gearbeitet hat. In der Folge kann ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nur für die Zeiträume erwerben, in denen er auch tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht hat. Bei der im vorliegenden Fall zu beurteilenden Konstellation führte diese suspendierte Arbeitspflicht während der Kurzarbeit „Null“ in den Monaten Juni, Juli und Oktober zu einer entsprechenden Kürzung. Der Urlaubsansprüche etwaige gesetzliche Normen, die einer Kürzung des Urlaubsanspruchs infolge der Vereinbarung konjunktureller Kurzarbeit entgegenstünden, gibt es nicht. So könne weder aus § 96 Abs. 4 S. 2 SGB III ein Rückschluss auf die Zulässigkeit der Kurzarbeit bedingten Kürzung von Urlaubsansprüchen gezogen werden, noch enthalte das Bundesurlaubsgesetz diesbezüglich etwaige Sonderregelungen, welche einer Kürzung entgegenstehen. Der Klägerin haben somit für das Kalenderjahr 2020 11 Urlaubstage zugestanden, welche allerdings von der Beklagten durch den Urlaub in der Zeit vom 01.8.2020 bis 08.08.2020 sowie vom 01.09.2020 bis zum 18.09.2020 unstreitig gewährt wurden.

Da davon auszugehen ist, dass das BAG die Rechtsauffassung des LAG Düsseldorf bestätigt, ist die Entscheidung gerade für Arbeitgeber wegweisend. So ist der Zeitraum des unbezahlten Sonderurlaubs bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs regelmäßig mit null Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Als Arbeitgeber ist daher eine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Kurzarbeit „Null“ gerechtfertigt.

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