Arbeitsrecht - Klage auf Entgelttransparenz - Mit wem darf sich eine ehemalige Personalleiterin vergleichen?
Nach Angaben der Klägerin sollen Männer in der gleichen Position im Jahr fünfstellige Beträge mehr verdient haben als sie selbst. Wie hoch die Differenz genau war, weiß die ehemalige Personalleiterin der L-Bank allerdings noch nicht. Deshalb klagt sie gegen ihre Arbeitgeberin. Sie will herausfinden, ob und gegebenenfalls wie viel mehr Geld die Männer in der gleichen Position bekommen haben, ob es dafür womöglich rechtfertigende Gründe gab oder sie geschlechtsbedingt diskriminiert wurde. Mitteilen wollte die Bank ihr die Höhe der Gehälter außergerichtlich bisher nicht. Am 23.09.2022 findet daher ein Termin vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe statt. (Az.: 8 Ca 126/21).
Hintergrund
Die Klägerin arbeitet bereits seit dem Jahr 1993 bei der L-Bank, einer Landesbank Baden-Württembergs und Finanzierungsbank für den Mittelstand. Dort hatte sie sich hochgearbeitet bis zur Personalleitung. Seit April 2022 ist die 56-jährige Klägerin in Altersteilzeit. Ihr Gehalt bestand aus einem Grundgehalt und Zulagen. Diese sollen allerdings zwischen 10 % und 20 % geringer gewesen sein als die der Männer, die ihre Position vor bzw. nach ihr innehatten. Das gilt auch für die Bezüge des Mannes, der den Job von ihr übernommen hat, als sie zum April dieses Jahres in Altersteilzeit gegangen ist. Die Klägerin hat sechs weitere Männer benannt, die seit 1993 als Personalleiter tätig gewesen sind und ebenfalls mehr Geld bekommen haben.
Vergleichsperson i.S.d. Entgelttransparenzgesetzes?
Die Klägerin hat gegenüber der L-Bank Anspruch auf Auskunft über das durchschnittliche Gehalt dieser Männer, falls diese taugliche Vergleichspersonen im Sinne des Entgelttransparenzgesetzes (EntGTransG) sind, auf welches sich die Klägerin für ihren Auskunftsanspruch beruft. Sollte dies so sein, hätte sie mit insgesamt acht Personen sogar mehr angeboten als die im Gesetz geforderten sechs Vergleichspersonen, § 12 Abs. 3 EntGTransG.
Die L-Bank hingegen meint, es würde schon keine Vergleichbarkeit zwischen der ehemaligen Personalleiterin und den Männern in dieser Position bestehen. So hatte der erste als Vergleichsperson angeführte Mann den Job seit dem Jahr 1993 inne gehabt, also vor mittlerweile knapp 30 Jahren. Auch dessen Nachfolger seien seit Jahren nicht mehr in diesen Jobs. Über einen solchen langen Zeitraum hinweg sei eine Vergleichbarkeit nicht mehr gegeben. Die Höhe der Gehälter sei schon zeitlich bedingt gar nicht mehr miteinander vergleichbar. Da aber keine hinreichende Vergleichsgruppe vorliege, könne die L-Bank auch die erfragten Vergleichsentgelte nicht angeben. Denn § 12 Abs. 3 S. 2 Entgelttransparenzgesetz dient nicht nur dem Datenschutz, sondern soll auch sicherstellen, dass eine statistisch relevante Vergleichsgruppe besteht.
Drei der Männer haben die Bank ermächtigt, ihren Verdienst vor Gericht offenzulegen und teilweise sogar ausdrücklich darum gebeten, zur Aufklärung der Frage, ob die Klägerin eine geschlechtsbedingte Entgeltbenachteiligung erfahren hat. Diese drei würden aber noch nicht ausreichen. Die Klägerin muss auch von den anderen benannten Männern erfahren, welche Einkünfte diese im Schnitt hatten. Schon ein Gehalt unter dem Median der Vergleichsgruppe reicht dann für die Vermutung einer Diskriminierung mit der Folge einer Beweislastumkehr zulasten der Bank. Dann könnte die Klägerin in einem zweiten Schritt gegebenenfalls eine Entschädigung aus der Ungleichbehandlung geltend machen.
Sollte der Auskunftsanspruch an der Vergleichsgruppe scheitern, könnte die Klägerin ihn noch als Stufenklage über § 242 BGB geltend machen. Für die Klärung dieser Frage sei die Klägerin jedenfalls bereit zu kämpfen, gab ihr Anwalt Herr Eigenberger gegenüber dem Online-Portal LTO an. Sie sei jetzt mit 56 und in Altersteilzeit in einer Position, in der sie dies machen könne.
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