Arbeitsrecht - Frau klagt auf Equal Pay
Eine Führungskraft des Automobilherstellers Daimler klagt auf Lohngleichheit mit ihren männlichen Kollegen, das seit mittlerweile drei Jahren. Nachdem sie bereits teilweise vor dem Arbeitsgericht Stuttgart Erfolg hatte, wird nun das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg über den Fall entscheiden (AZ: 2 Sa 14/24).
Die Frau, die fast 30 Jahre für das Unternehmen arbeitet, fordert eine Nachzahlung, weil sie nach ihrer Elternzeit in Teilzeit zurückkehrte und seitdem deutlich weniger verdient als ihre männlichen Kollegen auf gleicher Hierarchieebene.
Vor über 15 Jahren wurde die Klägerin zur Abteilungsleiterin befördert. Nachdem sie in Teilzeit zurückkehrte, klagte sie erfolgreich vor dem Arbeitsgericht auf Nachzahlung der Differenz zwischen ihrem Gehalt und dem Median der männlichen Vergleichsgruppe. Das Arbeitsgericht Stuttgart sprach ihr einen fünfstelligen Betrag für fünf Jahre zu, lehnte jedoch eine Anpassung an das Gehalt ihres direkten Kollegen ab (AZ: 22 Ca 7069/21).
Nun steht vor dem LAG die Frage im Raum, ob der Median der Vergleichsgehälter als Richtwert ausreicht oder ob ein direkter Vergleich mit männlichen Kollegen zulässig ist. Die Klägerin wird von der Gesellschaft für Freiheitsrechte und dem Arbeitsrechtsexperten Dr. Frank Hahn vertreten.
Der Median als Maßstab
Der Median beschreibt den mittleren Wert aller Gehälter vergleichbarer Positionen, liegt aber nicht zwangsläufig bei dem durchschnittlichen Einkommen. Seit Einführung des Entgelttransparenzgesetzes haben Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern Anspruch auf Auskunft über diesen Median sowie die Kriterien, nach denen die Gehälter berechnet werden.
Daimler äußerte sich nicht zum konkreten Fall, betonte jedoch, dass die Entgelttabellen für alle Mitarbeiter transparent und im Internet abrufbar seien. Dort können Beschäftigte auch nachvollziehen, wie ihr Gehalt im Verhältnis zu ihren Kollegen steht. Laut Gesellschaft für Freiheitsrechte ist jedoch nicht ersichtlich, welche Kriterien und Verfahren tatsächlich zur Anwendung kommen.
Lohngleichheit vor Gericht
Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte der Klägerin eine Annäherung an das Median-Gehalt zugesprochen, aber keine vollständige Gleichstellung mit ihrem direkten Kollegen. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte und andere Kritiker bemängeln, dass viele Arbeitsgerichte noch nicht konsequent die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts und des europäischen Gerichtshofs zur Lohngleichheit umsetzen. Nach geltender Rechtsprechung genügt es, wenn eine Arbeitnehmerin nachweisen kann, dass ein männlicher Kollege für gleichwertige Arbeit mehr verdient. In diesem Fall muss der Arbeitgeber beweisen, dass es objektive Gründe für die Differenz gibt.
Laut Gesellschaft für Freiheitsrechte sei der direkte Vergleich mit Kollegen, die gleichwertige Arbeit verrichten, entscheidend. Daimler hingegen argumentiert, dass die Bezahlung nach globalen Vergütungsrichtlinien erfolgt und unabhängig vom Geschlecht sei. Bei außertariflich Beschäftigten zähle die jeweilige Position sowie die Aufgabenschwierigkeit.
Im laufenden Verfahren habe Daimler vorgetragen, dass die geringere Bezahlung der Klägerin auf einer niedrigeren Arbeitsqualität beruhe. Dies wurde jedoch durch interne Bewertungen der Frau als „gut bis sehr gut“ infrage gestellt. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte vermutet, dass diese Bewertung erst seit der Klage auf Lohngleichheit angezweifelt wird.
Strukturproblem Lohndiskriminierung?
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte sieht den Fall als Teil eines strukturellen Problems der Lohndiskriminierung. Laut ihrer Aussage sind sechs weitere Abteilungsleiterinnen in ähnlichen Klagen gegen Daimler involviert. Während Daimler betont, dass dies das einzige Verfahren gegen die Daimler Truck AG sei, richten sich die anderen Klagen gegen die Mercedes Benz Group AG.