Arbeitsrecht - coronabedingte Betriebsschließung und Betriebsrisiko

Bei einer öffentlich-rechtlich verfügten vorübergehenden Betriebsschließung kommt es für die Frage, ob der Arbeitgeber das Entgeltrisiko trägt, auf den Zweck der Anordnung an. Erfolgt sie im Rahmen allgemeiner und umfassender Maßnahmen der Kontaktreduzierung zur Pandemiebekämpfung (Lock-down), handelt es sich nicht um einen Fall des vom Arbeitgeber nach § 615 S. 3 BGB zu tragenden Betriebsrisikos, mit der Folge, dass seine Entgeltzahlungspflicht entfällt. (BAG, Urteil vom 04.05.2022 – 5 AZR 366/21).

Sachverhalt

Die Parteien streiten in der Revision noch über die Vergütung für die Zeit vom 01.04.2020 bis zum 12.04.2020. Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 01.04.2016 als Servicekraft für Spielstätten in Wuppertal in der Spielstätte C beschäftigt. Ihre durchschnittliche Bruttomonatsvergütung betrug € 2.000,00. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.04.2020. Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erließ die Stadt Wuppertal am 16.03.2020 eine Allgemeinverfügung, um durch Maßnahmen der Kontaktreduzierung eine weitere und unkontrollierbare Verbreitung des Virus abzuwenden und so eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Da unter anderem der Betrieb von Freizeit-, Kultur-, Sport- und Vergnügungsstätten untersagt wurde, musste die Beklagte ihre Spielstätten schließen und die Klägerin konnte nicht beschäftigt werden. Sie blieb auf Anordnung der Beklagten der Arbeit fern. Am 22.03.2020 trat die Verordnung zum Schutz von neuen Finanzierungen mit dem Corona-Virus des Landes Nordrhein-Westfalen in Kraft, die durch die Verordnung zur Änderung der Corona-Schutzverordnung NRW vom 30.03.2020 neugefasst wurde. § 3 Abs. 1 Nr. 6 Corona-Schutzverordnung NRW in der Fassung vom 30.03.2020 enthält ein Verbot des Betriebs von Spielhallen und ähnlichen Einrichtungen. Ebenso sah sie weitgehende Schließungen im Bereich des Einzelhandels mit der Ausnahme der für die Versorgung der Bevölkerung als notwendig angesehenen Einrichtungen vor Ort sowie umfassende Verbote von Veranstaltungen, Feiern und ähnlichen Zusammenkünften und die Beschränkung des Aufenthalts im öffentlichen Raum.

Die Beklagte zahlte für April 2020 keine Vergütung. Die Klägerin war ausweislich des Dienstplans für April 2020 ursprünglich für sieben Tage zwischen dem 01.04.2020 und dem 12.04.2020 zur Arbeitsleistung eingeteilt, wofür ihr als Vergütung € 666,19 brutto zugestanden hätten. Die anderen Mitarbeiter der Beklagten befanden sich im streitgegenständlichen Zeitraum in Kurzarbeit und bezogen Kurzarbeitergeld, mit der Klägerin, die ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, war keine Kurzarbeit vereinbart war.

Mit ihrer Klage vom 25.05.2020 hat die Klägerin Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 01.04.2020 bis zum 12.04.2020 verlangt. Sie hat im Wesentlichen gemeint, die Schließung der Spielstätte aufgrund hoheitlicher Anordnung sei auch vorliegend nach der Betriebsrisikolehre ein Fall des von der Beklagten als Auftraggeberin gemäß § 615 S. 3 BGB zu tragenden Betriebsrisikos.

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 666,19 brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte hat die Klagabweisung beantragt und im Wesentlichen gemeint, bei einer hoheitlich angeordneten Betriebsschließung mit dem Ziel der Eindämmung der Corona-Pandemie realisiere sich nicht das vom Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko. Die Schließung habe nicht an eine besondere Ansteckungsgefahr an ihrem Betrieb angeknüpft, sondern es sei unter Verfolgung des Ziels weitmöglichster Kontaktreduzierung umgekehrt entschieden worden, welche Betriebe aus volkswirtschaftlichen Gründen und zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung geöffnet bleiben durften.

In unserer auf das Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei allen Fragestellungen hinsichtlich der coronabedingten Betriebsschließung und des Betriebsrisikos gerne zur Verfügung.