Arbeitsrecht – BAG zur Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung – Rentennähe ist berücksichtigungsfähig

 

Sachverhalt

Bei der Klägerin handelte es sich um eine im Jahr 1957 geborene Frau, welche der Insolvenzverwalter ihres Arbeitgebers unter anderem wegen ihrer Rentennähe gekündigt hatte. Sie gehörte zu 61 von knapp 400 Beschäftigten, die auf einer Namensliste zu kündigender Arbeitnehmer standen. Der Insolvenzverwalter vertrat die Ansicht, die Frau sei in ihrer Vergleichsgruppe sozial am wenigsten schutzwürdig (§§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG, 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO). Sie hätte die Möglichkeit, zeitnah im Anschluss an das beendete Arbeitsverhältnis eine Altersrente für besonders langjährig Beschäftigte zu beziehen.

Lebensalter als Kriterium

Vor dem erstinstanzlichen Arbeitsgericht sowie auch vor dem Landesarbeitsgericht Hamm hatte die Frau mit ihrer Kündigungsschutzklage noch Erfolg. Das BAG war anderer Meinung. Der Senat erklärte das Ausfallkriterium Lebensalter für ambivalent. Die soziale Schutzbedürftigkeit nehme wegen schlechterer Arbeitsmarktchancen mit steigendem Lebensalter zu. Sie sinke aber wieder, wenn Arbeitnehmer spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses über ein Ersatzeinkommen in Form einer abschlagsfreien Rente verfügen könnten, erklärten die Erfurter Richter. Die Betriebsparteien hätten bei einer Sozialauswahl damit einen Wertungsspielraum.

Arbeitnehmer, bei welchen der Renteneintritt naheliegt, haben daher bei betriebsbedingten Kündigungen als Folge von Unternehmensinsolvenzen schlechte Chancen. Bei der Gewichtung des Lebensalters kann hierbei zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, dass er bereits eine Rente wegen Alters abschlagsfrei bezieht (BAG, Urteil vom 08.12.2022 – AZ: 6 AZR 31/22).

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