Arbeitsrecht – BAG: VW muss Gehaltskürzungen bei Betriebsräten begründen

Im anhaltenden Streit um gekürzte Gehälter für freigestellte Betriebsräte hat das Bundesarbeitsgericht ein richtungsweisendes Urteil gefällt. So entschied das Gericht am vergangenen Mittwoch, dass Volkswagen in der Pflicht steht, Beweise für eine fehlerhafte Vergütungserhöhung vorzulegen, wenn es zuvor angerufene Gehälter wieder kürzt.

Mehrere Verfahren rund um das Thema Betriebsratsvergütung müssen nun neu vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen verhandelt werden. In einigen Punkten hatte VW mit seinen Revisionen zwar Erfolg, doch eine abschließende Klärung steht noch aus.

Im Mittelpunkt eines der Verfahren steht ein Arbeitnehmer, der seit über 40 Jahren bei VW arbeitet und seit dem Jahr 2002 Betriebsrat ist. Auf Grundlage von § 37 Abs. 4 BetrVG wurde er mehrfach in höhere Entgeltstufen eingruppiert. Aktuell ist er seit dem Jahr 2015 in die Stufe IS 20 eingruppiert.

Problematisch wurde dies nach einem Urteil des BGH im Jahr 2023. Die Karlsruher Richter hatten die Freisprüche für vier frühere VW-Personalmanager aufgehoben. Ihnen wurde vorgeworfen, dass sie Betriebsräten unrechtmäßig hohe Gehälter genehmigt hätten. Es handle sich um einen potentiellen Fall von Untreue im Sinne des § 266 StGB.

Trotz der BAG-Rechtsprechung, wonach Gehaltsanpassungen für Betriebsräte nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden dürfen, kürzte VW die Bezüge zahlreicher Betriebsräte. Dutzende Klagen folgten. In seinem aktuellen Urteil widerspricht das BAG der bisherigen Einschätzung des LAG Niedersachsen. Die Verantwortung, eine fehlerhafte Gehaltserhöhung zu beweisen, liege beim Arbeitgeber, hier also bei VW. Erst wenn VW eine fehlerhafte Vergütung nachvollziehbar darlegen kann, wird das LAG entscheiden müssen, ob dem Kläger eine Zahlung zusteht. Dies könnte sich aus dem Verbot beruflicher Benachteiligung oder durch einen sogenannten fiktiven Beförderungsanspruch ergeben.

Mittlerweile hat der Gesetzgeber auf die Diskussion reagiert und die Regelungen zur Vergütung freigestellter Betriebsräte angepasst. Arbeitsminister Hubertus Heil erklärte, man habe die Rechtslage klarstellend geändert, um die durch das BGH-Urteil entstandene Unsicherheit zu beseitigen. Trotzdem dauern die strafrechtlichen Ermittlungen in einigen Fällen noch an. Gegen den früheren Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh läuft weiterhin ein Verfahren wegen mutmaßlich überhöhter Vergütungen, laut dem Onlineportal LTO.

Für den klagenden Betriebsrat geht es konkret um eine monatliche Gehaltskürzung von € 639,00 brutto. Doch trotz des Urteils des BAG bleibt eine höchstrichterliche Entscheidung zur Grundsatzfrage zunächst aus. Die Verfahren vor dem LAG Niedersachsen werden weitergeführt.