Arbeitsrecht: Altersdiskriminierung aufgrund Stellenanzeige

Bietet der Arbeitgeber in einer Stellenanzeige eine „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, dynamischen Team“, so liegt hierin eine Tatsache, die eine Altersdiskriminierung aufgrund Stellenanzeige eine nicht eingestellten 61-jährigen Bewerbers wegen des Alters nach § 22 AGG vermuten lässt (LAG Nürnberg, Urteil vom 25.05.2020 – 2 Sa 1/20).

Hintergrund

Der 61-jährige Kläger ist Diplomkaufmann und seit 1996 im SAP-Bereich tätig. Er verfügt über diverse Zertifizierungen und Ausbildungen in dieser Richtung. Die Beklagte ist ein Unternehmen des Nahrungsmittelgroßhandels. Im März 2019 schaltete die Beklagte online eine Stellenanzeige, mit der sie einen „Mitarbeiter SAP-Anwendungsbetreuung (m/w/d)“ suchte. Der Eintritt sollte ab sofort erfolgen. Bezüglich des Karrierelevels war „Berufseinsteiger“ angegeben. Im Begleittext fand sich unter der Überschrift „Wir bieten Ihnen“ folgender Text:

„Zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hoch motivierten Team in einem sehr interessanten und abwechslungsreichen Themenumfeld …“ Gefordert war zudem die Vorlage von „aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen (wie Lebenslauf und vollständigen Zeugnissen)“.

Am 08.03.2019 bewarb sich der Kläger über das Online-Portal der Beklagten auf diese Stelle. Als Anlagen lud er jedenfalls seinen Lebenslauf sowie diverse Zertifikate hoch. Ob auch Arbeitszeugnisse hochgeladen wurden, ist streitig. Mit E-Mail vom 18.03.2019 lehnte die Beklagte die Bewerbung des Klägers nach Durchsicht seiner Unterlagen im Rahmen einer Vorauswahl ab mit der Begründung, sich für andere Bewerber entschieden zu haben, die das spezielle Anforderungsprofil noch besser erfüllten ab. Zeitgleich hatte sich der Kläger auf zwei weitere Stellen bei einer anderen Firma beworben und hat hier ebenfalls Absagen erhalten.

Mit Schreiben vom 16.05.2019 machten die Klägervertreter gegenüber der Beklagten Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche wegen einer behaupteten Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 31.05.2019 ab. Am 13.06.2019 ging die Klage auf Feststellung eines Schadensersatzes, Zahlung einer Entschädigung nicht unter € 26.000,00 und Erteilung einer Auskunft über das Gehalt des tatsächlich eingestellten Mitarbeiters beim Arbeitsgericht ein. Das Arbeitsgericht verurteilte die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von € 6.710,98 und wies die Klage im Übrigen ab. Die Beklagte legte hiergegen mit Schriftsatz vom 02.01.2020, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage eingegangen, Berufung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 09.03.2020, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tag eingegangen, innerhalb der bis zu diesem Tage verlängerten Berufungsbegründungsfrist. Mit Schriftsatz vom 17.01.2020, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage eingegangen, erhob der Kläger Anschlussberufung und begründete diese mit Schriftsatz vom 18.02.2020, beim Landesgericht Nürnberg am selben Tage eingegangen.

Entscheidung des LAG

Bietet der Arbeitgeber in einer Stellenanzeige eine „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, dynamischen Team“, so liegt hierin eine Tatsache, die eine Altersdiskriminierung aufgrund Stellenanzeige eine nicht eingestellten 61-jährigen Bewerbers wegen des Alters nach § 22 AGG vermuten lässt. Dies hat das LAG Nürnberg mit Urteil vom 25.05.2020 so entschieden und dem klagenden 61-jährigen Dipl.-Kaufmann eine Entschädigung in Höhe von zwei Monatsgehältern zugesprochen. Die sich aus der Formulierung der Stellenanzeige ergebende Indizwirkung wurde durch die Beklagte nicht widerlegt, was im Übrigen aber nur dadurch hätte gelingen können, wenn die beklagte Arbeitgeberin hätte darlegen und beweisen können, dass ausschließlich andere Gründe als das alter für die Nichteinstellung maßgebend waren. Laut LAG kann auch die Begründung der Ablehnung einer Bewerbung wegen Lücken im Lebenslauf gerade bei älteren Bewerbern eine Altersdiskriminierung darstellen, nachdem gerade bei älteren Bewerbern solche Lücken im Lebenslauf durchaus häufiger anzutreffen seien als bei jüngeren Bewerbern.

Tipp: „hochmotiviert“, „jung“, „dynamisch“ vermeiden

Arbeitgeber sollten Bezeichnungen wie „hochmotiviert“, „jung“ und „dynamisch“ in Stellenanzeigen möglichst vermeiden. Das LAG Nürnberg folgt mit seinem Urteil der Rechtsprechung des BAG zu Stellenangeboten, die mit der Mitarbeit in einem „jungen, dynamischen Team“ warben (BAG, Urteil vom 19.05.2016 – 9 AZR 470/14) und nimmt eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters im Sinne des § 3 Abs. 1 AGG an.

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