Erbrecht - BGH zum Ausschlagungsrecht des Fiskus

Das Ausschlagungsverbot des § 1942 Abs. 2 BGB für den Fiskus als gesetzlichen Erben (§ 1936 BGB) erstreckt sich nicht auf das Recht zur Ausschlagung einer im Nachlass befindlichen Erbschaft eines Vorverstorbenen.

BGH, Beschluss vom 24.04.2024 – IV ZB 23/23

Hintergrund

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall streiten die Beteiligten um die Erbfolge nach dem im Januar 2021 verstorbenen Erblasser. Dieser errichtete im Jahr 2020 ein notarielles Testament, in welchem er unter anderem folgendes verfügte: „Zum Alleinerben meines gesamten Nachlassvermögens bestimme ich meinen Sohn Bert K. Sollte mein Sohn vor dem Erbfall versterben, so ist ersatzweise mein Enkelsohn Herr John-Philipp zum Erben berufen.“

Sein Sohn Bert verstarb ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung im Januar 2021. Der Beteiligte zu 2.), bei dem es sich um den Sohn des Bert handelt, schlug die Erbschaft nach seinem Vater durch notariell beglaubigte Erklärung aus. In der Folgezeit schlugen weitere, als gesetzliche Erben des Bert in Betracht kommende Verwandte die Erbschaft für sich und soweit vorhanden ihre minderjährigen Kinder aus.

Das Nachlassgericht stellte sodann fest, dass ein anderer Erbe als der Freistaat Sachsen nicht vorhanden ist. Im Mai 2021 schlug dann auch der Freistaat gegenüber dem Amtsgericht Chemnitz die Erbschaft nach dem Erblasser aus.

Mit Beschluss vom Dezember 2021 wurde über den Nachlass von Bert das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1.) zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser beantragte, den von Berts Sohn beantragten Erbschein für kraftlos zu erklären, ihn vorläufig einzuziehen und einen Erbschein zu erteilen, der Bert als Erben des Erblassers ausweist.

Insolvenzverwalter kann keinen Erbschein verlangen

Die Karlsruher Richter entschieden, dass der Antrag des Insolvenzverwalters auf Erteilung eines Erbscheins, der Bert als Erben des Erblassers ausweist, unbegründet ist, da der Freistaat als Erbeserbe des Erblassers die Erbschaft nach diesem wirksam ausgeschlagen hat und der Sohn von Bert in der Folge aufgrund des ihm durch den Erblasser testamentarisch zugewendeten Ersatzerbrechts dessen Erbe geworden ist.

Mangels Unrichtigkeit erfolgte zu Recht auch keine Anweisung an das Nachlassgericht in dem Beteiligten zu 2.) erteilten Erbschein einzuziehen oder für kraftlos zu erklären.

Für die Erbfolge maßgeblich ist das notarielle Testament des Erblassers aus dem Jahr 2020, aufgrund dessen der Erblasser zunächst von Bert beerbt wurde. Da eine Ausschlagung der Erbschaft durch Bert noch zu dessen Lebzeiten nicht erfolgt ist, ging mit seinem Tod das Erblasservermögen auf seinen Sohn über, der in Ermangelung einer letztwilligen Verfügung des Bert diesen im Wege gesetzlicher Erbfolge gemäß § 1924 Abs. 1 BGB beerbte.

Die sodann nach Maßgabe der §§ 1944 Abs. 1, Abs. 2 und 1945 Abs. 1 BGB form- und fristgerecht erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach Bert durch den Beteiligten zu 2.) hatte zur Folge, dass der Anfall dieser Erbschaft an den Beteiligten zu 2.) gemäß § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt galt.

Freistaat als gesetzlicher Erbe – kein Ausschlagungsrecht

Der hierauf erlassene Feststellungsbeschluss mit dem Inhalt, dass ein anderer Erbe als der Freistaat nicht vorhanden ist, begründete gemäß § 1964 Abs. 2 BGB die Vermutung, dass der Freistaat gesetzlicher Erbe ist.

Dem Ausschlagungsrecht des Fiskus steht nicht entgegen, dass es sich bei dem Recht des Erben, die Erbschaft auszuschlagen, um ein höchst persönliches Recht handelt. Hieraus folgt lediglich, dass das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft allein dem Erben bzw. seinen Rechtsnachfolgern, den Erbeserben, persönlich zusteht. Da der Freistaat Erbeserbe ist, widerspricht eine Ausschlagung durch ihn nicht dem höchstpersönlichen Charakter dieses Rechts.

Im Ergebnis steht dem Freistaat hier kein Ausschlagungsrecht zu.

In unserer auf das Erbrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen zu Fragen hinsichtlich der Ausschlagung von Erbschaften kompetent zur Verfügung.