Gesellschaftsrecht - OLG München zur Einschränkung der formellen Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz
„Nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz gilt im Verhältnis zur Gesellschaft im Falle einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, weil als solcher an der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist.
Diese formelle Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH-Gesetz steht nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben. Rechtsmissbräuchlich kann die Berufung auf die Legitimationswirkung im Rahmen der Verteidigung gegen eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage eines zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr als Inhaber eines Geschäftsanteils eingetragenen Gesellschafters einer GmbH sein, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer einen evidentermaßen noch nicht wirksamen Beschluss über die Ausschließung des Klägers herbeigeführt hatte und sodann die Eintragung der fehlerhaften Liste in das Handelsregister aus eigennützigen Motiven und in Kenntnis von deren Fehlerhaftigkeit selbst veranlasst hat und / oder wenn vor der Beschlussfassung die Rechtswidrigkeit der Ausschließung durch ein rechtskräftiges (Anerkenntnis-)Urteil im Verhältnis zwischen den Parteien festgestellt worden ist.“
OLG München, Beschluss vom 24.01.2024 – 23 U 9287/21
Der BGH hat entschieden, dass ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Gesellschaft hinsichtlich einer Gesellschafterliste vorliegt, wenn es ihr durch eine gerichtliche Verfügung untersagt war, nach einem Einziehungsbeschluss eine neue Gesellschafterliste einzureichen, in der der betroffene Gesellschafter nicht mehr als Gesellschafter eingetragen ist, und sie dennoch eine geänderte Liste einreichen lässt oder eine dem gerichtlichen Verbot zuwider aufgenommene Liste nicht korrigiert (BGH NZG 2019, 979, Rn. 42).
Auch hat der BGH das Verhalten eines Mitgesellschafters als sittenwidrig eingestuft, der einen Beschluss zu einem Zeitpunkt fasste, zudem der nur vermeintlich ausgeschiedene Gesellschafter bereits zu seinen Gunsten die Zuordnung eines Widerspruchs gegen die Gesellschafterliste erwirkt hatte, nachdem der Mitgesellschafter im Rahmen von Vergleichsverhandlungen das Vertrauen erweckt hatte, er werde sich über die unmittelbaren Rechtswirkungen des Widerspruchs nach § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG hinaus an die im Verfügungsverfahren zur Eintragung des Widerspruchs der Rechtsauffassung halten.
Schließlich hat der BGH im November 2022 entschieden, dass ein Gesellschafter einer GmbH, der seine Stellung als Geschäftsführer dadurch missbraucht, dass er eine materiell unrichtige Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht, um damit eigennützigen Interessen durchzusetzen, seine gesellschafterliche Treuepflicht gegenüber dem von der Unrichtigkeit nachteilig betroffenen Gesellschafter verletzt.
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Rechtsanwältin Martina Hunneshagen
Fachanwältin für Familienrecht