Arbeitsrecht - BAG zu gleichem Lohn – Equal Pay ist keine Verhandlungssache
Wenn ein Mann hinsichtlich seines Gehalts besser verhandelt hat, als seine weibliche Kollegin muss er das auch bekommen dürfen? Die Gesellschaft für Freiheitsrecht (GFF) meint nein und begleitet eine Frau bei der Klage gegen ihren früheren Arbeitgeber.
Eine frühere Vertriebsmitarbeiterin eines Metallunternehmens in Meissen klagt gegen ihren früheren Arbeitgeber. Das Unternehmen hat 180 Mitarbeiter, davon drei im Außendienst, darunter die Klägerin Susanne D. und zwei männliche Kollegen. Einer der Männer war zwei Monate nach der Klägerin eingestellt worden und hat, wie D. später erfuhr, ab seinem Einstieg für Jahr 1 ein um € 1.000,00 monatlich höheres Grundgehalt ausgehandelt, als sie selbst mit € 3.500,00. Nach einem Jahr fiel es auf die gleiche Höhe, bis dann nach einigen Monaten beiden Männern erneut ein höheres Gehalt angeboten wurde. Der zweite Mann war allerdings seit dreißig Jahren im Betrieb.
Frau D. klagte auf Zahlung der Differenzbeträge zum Gehalt des männlichen Kollegen und auf Entschädigung. Sie verlor sowohl vor dem Arbeitsgericht Dresden als auch vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen.
Für die GFF betreut Frau Sarah Lincoln das Verfahren. In den unterschiedlichen Gehältern sieht sie eine Ungleichbehandlung, die nicht durch objektive Kriterien gerechtfertigt sei. Nach der langjährigen Rechtsprechung müssen Kriterien, wie Qualifikation, Erfahrung oder Leistung, also einen Bezug zur Arbeit haben. Ein besseres Verhandlungsgeschick wäre dagegen ein subjektives Kriterium.
Genau diese subjektiven Kriterien führen zu den unterschiedlichen Gehältern, meint Lincoln. Dazu gibt es auch aktuelle Zahlen: Obwohl die gleiche Bezahlung seit 1957 auf europäischer Ebene ein verbindliches Grundprinzip sei, verdienten Frauen in Deutschland im Durchschnitt 18 % weniger als Männer, in schlechter bezahlten Branchen liege der Unterschied bei 7 %. Damit hat Deutschland einen der größten Gender-Paycaps in Europa, sagt die Juristin.
Eine Stärkung der Frauen in ihren Verhandlungskompetenzen ändere daran nichts, würden Studien zeigen. Das liege an sozial erwarteten Geschlechterrollen und den Verstößen dagegen, wenn Frauen ihre Gehaltswünsche klar kommunizieren. Bei entsprechendem Auftreten in Gehaltsverhandlungen werden Frauen dann als nicht nett und fordernd wahrgenommen und erzielen das gewünschte Gehalt trotzdem nicht, so Lincoln. Equal Pay ist aber nicht verhandelbar.
Das Arbeitsgericht Dresden sowie das LAG Sachsen legten den Fokus jedoch auf einen anderen Aspekt. Die ungleiche Bezahlung sei gerechtfertigt gewesen, dazu habe der Arbeitgeber überzeugend vorgetragen, entschied das LAG. Denn der Mann sei nur bei dem höheren Gehalt bereit gewesen, den Job anzunehmen. Das Interesse des Unternehmens an der Mitarbeitergewinnung rechtfertige die Gehaltsunterschiede. Die Mitarbeitergewinnung sei ein objektives Kriterium.
Der GFF reicht das nicht. Der Arbeitgeber kann mit diesem Argument ein höheres Gehalt bezahlen, dann muss er dies aber auch den Frauen geben.
Sollte das BAG am Donnerstag nicht im Sinne von Frau D. entscheiden, will die GFF Verfassungsbeschwerde einlegen, wie sie es auch schon im Fall der früheren ZDF-Redakteurin Birte Meyer getan hat.
Wir dürfen also gespannt sein, was das BAG in dieser Sache entscheidet.
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