Familienrecht – BGH zum Kindesunterhalt – Tilgungsleistungen abzugsfähig
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Auch beim Kindesunterhalt kann grundsätzlich bis zur Höhe des Wohnvorteils neben den Zinszahlungen zusätzlich die Tilgungsleistungen berücksichtigt werden, die der Unterhaltspflichtige auf ein Darlehen zur Finanzierung einer selbst genutzten Immobilie erbringt.
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Überschreitet der Schuldendienst für die Immobilie den dadurch geschaffenen Wohnvorteil nicht, ist aber gleichwohl der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gefährdet, kann dem gesteigert Unterhaltspflichtigen zwar nicht eine vollständige Aussetzung der Tilgung, wohl aber nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise eine Tilgungsstreckung zugemutet werden. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn eine besonders hohe Tilgung vereinbart wurde oder die Immobilie bereits weitgehend abbezahlt ist.
Hintergrund
Die Höhe des Kindesunterhalts richtet sich stets nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen. Bei der Ermittlung dieses unterhaltsrechtlichen Einkommens kann der Unterhaltspflichtige einige Abzüge vornehmen, beispielsweise Beiträge zur privaten Altersvorsorge oder für eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Dienen die Belastungen jedoch allein der Vermögensbildung, dann können sie nur in engen Grenzen und jedenfalls dann nicht mehr in Abzug gebracht werden, wenn dadurch der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes nicht mehr gesichert wäre.
Es war daher schon immer fraglich, wie mit Tilgungsleistungen umzugehen ist, die der Unterhaltspflichtige für ein Darlehen zur Finanzierung einer selbst genutzten Immobilie aufbringt. Durch diese Tilgungsleistungen wird der Wert der Immobilie erhöht, so dass sie auch der Vermögensbildung diene. Für das Wohnen im Eigenheim wird allerdings ein Wohnvorteil in Ansatz gebracht, das heißt das Einkommen des Unterhaltspflichtigen wird fiktiv um einen Betrag erhöht, den er für das mietfreie Wohnen erspart. Wenn der Unterhaltspflichtige nicht im Eigenheim wohnen würde und kein Darlehen zur Finanzierung aufgenommen hätte, gebe es einen solchen Wohnvorteil nicht. Dem Unterhaltspflichtigen muss also zugestanden werden, die Zins- und Tilgungsleistungen für den Kredit jedenfalls bis zur Höhe des Wohnvorteils von seinem Einkommen in Abzug zu bringen.
BGH: Tilgungsstreckung ausnahmsweise geboten
Auch der BGH hat dies bestätigt und seine bisherige Rechtsprechung fortgeführt. Zudem haben die Karlsruher Richter klargestellt, dass je nach Einzelfall etwas anderes gelten kann, wenn durch den Abzug der Tilgungsleistungen der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gefährdet wird. Gegenüber minderjährigen Kindern besteht gemäß § 1603 Abs. 2 BGB eine gesteigerte Unterhaltspflicht, mit der Folge, dass der Unterhaltspflichtige alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt einzusetzen hat. Kann er den für minderjährige Kinder in der Düsseldorfer Tabelle festgelegten Mindestunterhalt nicht mehr leisten, ist er ausnahmsweise gehalten, eine Tilgungsstreckung vorzunehmen. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn eine sehr hohe Tilgungsrate vereinbart ist oder die Immobilie bereits beinahe abbezahlt wurde. Dem Unterhaltspflichtigen ist daher im Ausnahmefall eine Tilgungsstreckung zuzumuten, um den Mindestunterhalt zu sichern. Eine völlige Aussetzung der Tilgung halten die Karlsruher Richter hingegen für unzumutbar.
In dem konkreten Fall waren die Zins- und Tilgungsleistungen des Unterhaltspflichtigen für die Finanzierung der von ihm selbst genutzten Immobilie niedriger als der in Ansatz gebrachte Wohnvorteil. Unter Berücksichtigung seines Nettoeinkommens und der sonstigen Abzüge konnte er gleichwohl den Mindestunterhalt nicht mehr zahlen, so dass eine Prüfung dahingehend stattzufinden hatte, ob ihm eine Tilgungsstreckung zuzumuten ist. Der BGH hat dies verneint, da das Darlehen mit einem anfänglichen Tilgungssatz von unter zwei Prozent erst ein paar Jahre bedient und noch kein nennenswerter Teil der Darlehensschuld getilgt worden war.
Fazit
Wir halten die Entscheidung des BGH für sinnvoll. So wird einerseits der Wille des Gesetzgebers, den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder möglichst abzudecken, berücksichtigt und andererseits die Interessen des Unterhaltspflichtigen nicht zu stark belastet.
Unsere auf das Familienrecht spezialisierten Anwältinnen stehen Ihnen bei Fragen zum Kindesunterhalt oder sonstigen Themenkomplexen des Familienrechts kompetent zur Verfügung.
Rechtsanwältin Martina Hunneshagen
Fachanwältin für Familienrecht