Gesellschaftsrecht – Geschäftsführerhaftung – Keine Klage für die Gesellschaft im eigenen Namen
Der Gesellschafter einer GmbH kann Haftungsansprüche der Gesellschaft gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen. Andernfalls fehlt es dem Kläger laut BGH an der Prozessführungsbefugnis. Der Streit, ob die Anspruchsverfolgung im Interesse der Gesellschaft liege oder ihm widerspreche, sei allein zwischen den Gesellschaftern auszutragen.
BGH, Urteil vom 25.01.2022 – II ZR 50/20
Gesellschafter verklagt Fremdgeschäftsführer im eigenen Namen
Ein Anteilseigner einer GmbH in Liquidation machte einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft aus Geschäftsführerhaftung in Höhe von € 964.000,00 geltend. Er war mit einem Geschäftsanteil in Höhe von € 160.000,00 an dem Unternehmen beteiligt, deren Stammkapital € 800.000,00 betrug. Eine Mitgesellschafterin, ein Fleischereibetrieb, hielt die restlichen Anteile in Höhe von € 640.000,00. Die Gesellschaft exportierte von ihr geliefertes Schweinefleisch nach Südkorea. Die Kaufpreise sollten durch Teilabtretungen von Akkreditivansprüchen eines Zwischenhändlers beglichen werden, die sich allerdings mit € 964.000,00 als nicht werthaltig erwiesen. Für die Forderungsausfälle der Exportgeschäfte machte der Gesellschafter den Geschäftsführer verantwortlich. Das LG Oldenburg wies die Klage ab. Auf die Berufung des Inhabers verurteilte das OLG Oldenburg den Beklagten zur Zahlung von € 964.000,00. Der Gesellschafter könne im Wege der actio pro socio Schadensersatzansprüche der GmbH in Liquidation gegen den Beklagten geltend machen. Ein Gesellschafterbeschluss nach § 46 Nr. 8 GmbHG sei entbehrlich gewesen, da die Gesellschaft liquidiert worden sei und seit 2012 keine Geschäftstätigkeiten mehr entfaltet habe, hieß es als Begründung. Die Revision des Geschäftsführers hatte vor dem BGH Erfolg.
Fehlende Prozessführungsbefugnis
Aus Sicht der Karlsruher Richter hat das OLG zu Unrecht die Zulässigkeit der zu Gunsten der GmbH i. L. erhobenen Klage bejaht. Für die im eigenen Namen erhobene Klage habe dem Anteilseigner die Prozessführungsbefugnis gefehlt. Ein Gesellschafter einer GmbH könne Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen. Laut BGH kann der Kläger seine Klagebefugnis nicht auf eine actio pro socio stützen, weil der Beklagte nicht Gesellschafter des Unternehmens ist. Das Gesellschaftsverhältnis vermittle ihm diese Befugnis aber grundsätzlich nicht gegen Personen, zu denen nur die Gesellschaft in einer Sonderrechtsbeziehung stehe. Der Fremdgeschäftsführer sei als Gesellschaftsorgan allein der Gesellschaft gegenüber treupflichtig. Der Streit, ob die Anspruchsverfolgung im Interesse der Gesellschaft liegt oder ihm widerspricht, muss zwischen den Gesellschaftern im Sinne des § 46 Nr. 8 GmbHG ausgetragen werden.
Die Entscheidung stammt aus dem Jahr 2021. Mittlerweile wurde § 64 GmbhG durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SaninsFoG) mit Wirkung zum 01.01.2021 aufgehoben. Er behält jedoch seine Gültigkeit für Insolvenzverfahren, die vor dem 01.01.2021 eröffnet worden sind. Ferner dürfte er weiterhin für Zahlungen gelten, die bis zum 31.12.2020 geleistet worden sind, selbst wenn das Insolvenzverfahren erst später eröffnet wird bzw. wurde.
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