Altersdiskriminierung durch den DFB-Schiedsrichter -Gräfe verklagt den DFB
Der ehemalige Bundesliga Schiedsrichter Manuel Gräfe musste im Alter von 47 Jahren und nach 289 von ihm geleiteten Bundesligapartien altersbedingt seine Schiedsrichterkarriere beenden. Grund hierfür ist eine Altersgrenze, die der Deutsche Fußballbund e.V. (DFB) vorschreibt. Da der DFB an der starren Altersgrenze für seine Schiedsrichter festhält, hat Gräfe nun Klage erhoben. Sein Vorwurf: Altersdiskriminierung durch den DFB. Manuel Gräfe und seine ebenfalls altersbedingt ausgeschiedenen Kollegen Guido Winkmann und Markus Schmidt wünschten sich eine Fortsetzung der Tätigkeit als Schiedsrichter der Bundesliga für eine angemessene Zeit, da sie weiterhin fit genug und motiviert für die Fortsetzung ihrer aktiven Schiedsrichterkarriere sind. Der DFB blieb seiner alten Linien treu, welche lautet: Mit 47 ist Ende. Für Manuel Gräfe war damit am 22.05.2021 mit dem Spiel Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen Schluss. Dies nach 17 Jahren Bundesliga.
Der Berliner Schiedsrichter möchte das nicht hinnehmen und hat daher Klage nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erhoben.
Gräfe erfüllt weiterhin alle Voraussetzungen
§ 13a der DFB-Schiedsrichterordnung (DFB-SO) regelt die Voraussetzungen für die Aufnahme von Schiedsrichtern in die DFB Schiedsrichterlisten für die Lizenzligen (erste und zweite Bundesliga) sowie die Dritte Liga. Demnach trifft die sogenannte „Schiedsrichterführung für den Elitebereich“ vor Beginn jeder Spielzeit die Entscheidung über die Aufnahme von Schiedsrichter/innen in die Spitzenligen und über deren Ausscheiden aus den Spitzenligen mit Einwilligung des DFB Präsidiums. Darüber hinaus konkretisiert die DFB-SO die Anforderungen an die fachliche und persönliche Eignung der Schiedsrichter/innen. Hierzu gehören Leistungsnachweise in Form von Spielleitungen unter professioneller Beobachtung, die Teilnahme an Lehrgängen, die sportmedizinische Untersuchung sowie das Bestehen der theoretischen und praktischen Leistungsprüfungen. Die für eine Zulassung infrage kommenden Schiedsrichter/innen müssen zudem einen Personalfragebogen unter Beifügung eines aktuellen Führungszeugnisses sowie einer aktuellen SCHUFA Auskunft vorlegen. Näheres hierzu regeln die Durchführungsbestimmungen zur DFB Schiedsrichterordnung.
Manuel Gräfe hätte auch für die neue Spielzeit 2021/2022 all diese Voraussetzungen vorweisen können. Physische oder kognitive Mängel waren bei den Spielleitungen Gräfes in der letzten Spielzeit nicht zu erkennen und solche konkreten Mängel wird der DFB auch nicht ernsthaft behaupten werden. Die Leistungen Gräfes, der nicht zu Unrecht als bester Deutscher Schiedsrichter gilt, war in der zurückliegenden Saison tadellos. Der einzige Grund für sein Ausscheiden ist sein Alter. Neben den erwähnten Anforderungen an die fachliche und persönliche Eignung besteht eine Regelung für den Eliteschiedsrichterbereich, wonach solche Schiedsrichter/innen nicht mehr für die nachfolgende Spielzeit nominiert werden, die das 47. Lebensjahr vollendet haben. Diese Altersgrenze gilt einschränkungslos. Beim europäischen Fußballdachverband UEFA liegt die Altersgrenze für Schiedsrichter/innen bei nur 45 Jahren, wobei die UEFA, anders als der DFB, Ausnahmen zulässt. So konnte beispielsweise der niederländische Schiedsrichter Björn Küppers (48) das EM Finale zwischen Italien und England pfeifen. Bislang haben sich alle Schiedsrichter/innen in Deutschland der Altersgrenze des DFB gebeugt. Insbesondere auch deshalb, da viele von ihnen weiterhin in bestimmten Positionen beim DFB tätig werden wollen. Manuel Gräfe hingegen hat kein Interesse daran, seine Schiedsrichterkarriere in einer anderen Funktion fortzusetzen, so etwa als Videoschiedsrichter wie es seine ebenfalls altersmäßig ausgeschiedenen Kollegen Guido Winkmann und Markus Schmidt machen.
Anwendbarkeit des AGG
Gräfe erhob Klage aufgrund eines Verstoßes gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Das AGG schützt bestimmte Merkmale, die in § 1 AGG genannt sind:
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
Diskriminierungen aufgrund des Alters sind demnach untersagt, altersbedingte Benachteiligungen sind nur im Rahmen des § 10 AGG erlaubt. Die Norm erlaubt eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters in Fällen, in denen sie objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Der Schutz der Altersdiskriminierung gilt auch im Arbeitsleben, wie § 7 AGG klarstellt. Danach dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Zwar besteht zwischen dem DFB und den Schiedsrichter/innen der Bundesliga kein Arbeitsverhältnis. Vielmehr gestalten sich die Rechte und Pflichten zwischen den Parteien durch getroffene Rahmenvereinbarungen. Doch der Schutz des AGG bezieht sich auch auf selbstständig tätige Personen, soweit die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit betroffen sind.
Starre Altersgrenze notwendig?
In dem Rechtsstreit wird es aller Wahrscheinlichkeit insbesondere darum gehen, ob die Regelung des DFB den Anforderungen des § 10 AGG entspricht oder nicht. Unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters sind nach dem AGG zulässig, wenn sie objektiv und angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sind. Die Mittel zur Erreichung des Ziels müssen wiederum angemessen und erforderlich sein. Dass dem DFB gelingen wird, Anhaltspunkte hierfür darzulegen, wird das Verfahren zeigen. Altersgrenzen für Spitzenschiedsrichter/innen haben nach der Argumentation der Fußballverbände den Zweck, dem Aspekt der tendenziell mit dem Alter abnehmenden sportlichen Leistungsfähigkeit und der steigenden Verletzungsgefahr Rechnung zu tragen. Zumal das Spieltempo im Spitzenfußball seit Jahren steigt. Kritisiert wird von Gräfe insbesondere, dass die Regelung zu starr sei. In einem Interview verwies der Schiedsrichter auf andere Regelungsmodelle, die Ausnahmen erlauben würden. Darüber hinaus hat sich das sportliche Niveau der Schiedsrichter/innen durch immer professionellere Trainings- und Fortbildungsmethoden in den letzten Jahren stetig gebessert. Auch haben die am Spielbetrieb teilnehmenden Clubs ein berechtigtes Interesse daran, dass sich die Riege der Schiedsrichter/innen in den Profiligen möglichst aus den Besten zusammensetzt. Dass die Altersgrenze des DFB in der jetzigen Form hält, ist sehr unwahrscheinlich. Die derzeitige starre Regelung dürfte in der Tat altersdiskriminierend sein.
Vergleich mit DFB wohl ausgeschlossen
Eine vergleichsweise Einigung scheint hier schwer vorstellbar, solange der DFB sich zumindest nicht für künftige Fälle auf einen Wegfall der starren Altersgrenze einlässt. Auf einen Deal in der Form „wir zahlen, du schweigst“ wird sich Gräfe nicht einlassen, da er insbesondere mitgeteilt hat, dass er das Verfahren auch deshalb führt, damit Kollegen in künftigen Fällen davon profitieren können.
Die Klage Gräfes wegen eines Verstoßes gegen das AAG hat gute Aussicht auf Erfolg. Der DFB wird sich mittelfristig über ein alternatives Konzept beispielsweise nach dem Vorbild der UEFA in Form einer weichen Altersgrenze mit Ausnahmemöglichkeiten Gedanken machen müssen.
In unserer auf das Arbeitsrecht und Sportrecht spezialisierten Kanzlei stehen wir Ihnen bei Fragen insbesondere in Bezug auf mögliche Verstöße gegen das AGG sowie Fragen rund um Verbandssatzungen und Richtlinien gerne zur Verfügung.