Testamentsvollstreckung – Streit um das Erbe vermeiden
Gerade wenn mehrere Erben oder Vermächtnisnehmer vorhanden sind, ist Streit oftmals vorprogrammiert. Durch die Einsetzung eines neutralen Testamentsvollstrecker kann dies vermieden werden. Dieser sorgt dafür, dass das Erbe genau so verteilt wird, wie es der Wille des Verstorbenen war. Bestimmte Vorgaben können so auch gegen den Willen der Erben durchgesetzt werden. Beispielsweise können Sie bestimmen, dass ein Haus nicht verkauft wird, sondern im Familienbesitz bleibt. Sinnvoll kann die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers auch sein, wenn die Erben minderjährig oder noch zu unerfahren sind, sich um die Nachlassabwicklung selbst zu kümmern.
In unserem heutigen Blog stellen wir Ihnen die Vorteile und den Ablauf einer Testamentsvollstreckung dar und weisen auf wichtige Voraussetzungen hin, damit Ihr Wille bestmöglich durchgesetzt wird.
Anordnung einer Testamentsvollstreckung
Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung, einem Testament oder einem Erbvertrag, zu Lebzeiten eine Testamentsvollstreckung anordnen und einen Testamentsvollstrecker seiner Wahl und seines Vertrauens bestimmen. Weiter besteht auch die Möglichkeit das Nachlassgericht oder eine Person damit zu beauftragen nach dem Tod einen Testamentsvollstrecker einzusetzen.
Testamentsvollstreckung für private Vermögen
Gerade wenn es sich um werthaltiges oder kompliziert strukturiertes Vermögen handelt, ist eine Testamentsvollstreckung sinnvoll, um den oder die Erben zu entlasten. Dies ist nicht selten der Fall, wenn unterschiedliche Vermögensgegenstände in die Erbmasse fallen oder ein bestimmter Gegenstand an mehrere Abkömmlinge zu verteilen ist. Auch bei fehlendem vertrauen in die eigenen Abkömmlinge oder wenn die Kinder noch minderjährig oder behindert sind, ist eine Testamentsvollstreckung zu empfehlen.
Testamentsvollstreckung in Unternehmen
Bei Unternehmen ist die Einsetzung eines Testamentsvollstrecker vorteilhaft, wenn das Unternehmen nicht unmittelbar nach dem Erbfall durch einen geeigneten Erben oder Vermächtnisnehmer fortgeführt werden kann. In Familienunternehmen ist es beispielsweise häufig so, dass es zwar einen Unternehmensnachfolger gibt, dieser aber noch zu jung oder unerfahren ist. Weitere Fälle sind auch, wenn das Unternehmen schnellstmöglich verkauft werden soll oder muss.
Aufgaben des Testamentsvollstreckers
Dem Testamentsvollstrecker obliegt die Ausführung der letztwilligen Anordnungen des Erblassers, insbesondere die Erfüllung von Vermächtnissen, Auflagen oder Teilungsanordnungen. Auch muss er auf die Nachlassverbindlichkeiten achten und die Erbschaftssteuer erfüllen. Bei Miterben muss er eine Auseinandersetzung durchführen. Der Testamentsvollstrecker hat die gesetzliche Pflicht den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und allein den letzten Willen des Erblassers durchzusetzen (§§ 2203 ff. BGB). Er ist verpflichtet ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, in welchem das Vermögen (Aktiva) und die Schulden (Passiva) des Erblassers aufgelistet werden. Auf Anforderung der Erben ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet Auskunft über seine Arbeit zu geben und eine jährliche Rechnungslegung zu führen (§§ 2203 ff. BGB). Verstößt ein Testamentsvollstrecker gegen seine Pflichten, kann er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig machen (§ 2219 BGB). Wenn ein wichtiger Grund vorliegt, ist es möglich, einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers beim zuständigen Nachlassgericht zu stellen (§ 2227 BGB). Allerdings können Erben während der Testamentsvollstreckung nicht auf das Erbe zugreifen oder dem Testamentsvollstrecker Anweisungen geben.
Abwicklungs- und Auseinandersetzungsvollstreckung vs. Dauertestamentsvollstreckung
Bei der Abwicklungsvollstreckung endet due Tätigkeit des Testamentsvollstreckers, wenn der Nachlass abgewickelt, also die Auseinandersetzung der Erbmasse erfolgt ist und die steuerlichen Pflichten erfüllt sind.
Im Rahmen der Dauertestamentsvollstreckung endet die Testamentsvollstreckung nicht mit der Verteilung des Vermögens, sondern dauert als verwaltende Tätigkeit an. Diese findet sich häufig bei minderjährigen oder behinderten Erben bzw. Vermächtnisnehmern. Daher wird die Testamentsvollstreckung oftmals am Lebensalter der Erben festgelegt, wie beispielsweise das Erreichen des 25. Lebensjahres. Die zeitliche Obergrenze liegt bei 30 Jahren (§ 2210 BGB).
Kosten der Testamentsvollstreckung
Nach § 2221 BGB kann der Testamentsvollstrecker für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung verlangen, er muss es also nicht. Dem Erblasser steht es frei in seinem Testament die Vergütungsmodalitäten festzulegen. In der Praxis kommen zwei Vergütungsmodalitäten häufig vor. Entweder legen Erblasser unter Anlehnung an die Vergütungsmodalitäten nach der sog. Neuen Rheinischen Tabelle ein Pauschalhonorar fest oder ermöglichen dem Testamentsvollstrecker die Abrechnung eines aufwandsangemessenen Stundenhonorars.
Vorteile der Testamentsvollstreckung
Mit der Testamentsvollstreckung kann auf besondere Situationen individuell reagiert werden. Sind minderjährige oder behinderte Erben bzw. Vermächtnisnehmer vorhanden oder gibt es mehrere Abkömmlinge, wird hierdurch ein Streit ums Erbe vermieden. Eine Testamentsvollstreckung kann Erbstreitigkeiten dadurch vermeiden, dass die Nachlassverwaltung nicht der gesamten Erbengemeinschaft obliegt und die sich möglicherweise in endlosen Streitereien gegenseitig blockiert und nicht im Wege der Einstimmigkeit zu einer Entscheidungsfindung kommt, sondern durch den Testamentsvollstrecker nach dem Willen des Erblassers erledigt wird. Der Testamentsvollstrecker kann zwischen den Erben vermitteln und aufkommende Konflikte schlichten. Wenn der Erbteil mit Steuerschulden belastet ist, kann durch die Dauertestamentsvollstreckung vermieden werden, dass dieser direkt an das Finanzamt fällt, indem man die Zahlungsverjährung abwartet. Auch die Teilung und Zersplitterung des Nachlasses kann durch eine Testamentsvollstreckung verhindert werden und so können Unternehmen, Immobilienvermögen oder Ländereien zusammengehalten werden.
Wichtige Voraussetzungen
Die vom Erblasser gewollte Wirkung kann die Testamentsvollstreckung nur erzielen, wenn diese in der letztwilligen Verfügung präzise und individuelle gestaltet ist. Auch ist es unerlässlich eine fachlich und persönlich geeignete Person als Testamentsvollstrecker zu bestimmen. Umgekehrt muss derjenige, der als Testamentsvollstrecker bestimmt wurde, sich im Klaren darüber sein, dass ihn hierdurch zahlreiche Verpflichtungen treffen und er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig macht. Eine Testamentsvollstreckung sollte daher gut vorbereitet und wohl überlegt sein.
Bei Fragen bezüglich einer Testamentsvollstreckung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung und helfen Ihnen bei der Vorbereitung und Planung der Testamentsvollstreckung, damit Ihr letzter Wille auch zum Tragen kommt.
Rechtsanwalt Manuel Ast
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht