Errichtung eines digitalen eigenhändigen Testaments mittels Touch- Smartpen oder Audio-Video-Technologie möglich ?
Schriftlich erklärte Willenserklärungen werden in Zeiten des digitalen Wandels immer häufiger anstatt mit Stift und Papier unter Zuhilfenahme von technischen Hilfsmitteln abgegeben. Das reine digitale Testament ist in Deutschland allerdings unzulässig. Anders sieht das beispielsweise in den USA aus. Dort haben einige Bundesstaaten eine digitale Testamentsform zugelassen, wie z.B. in Nevada, Arizona, Indiana oder Florida. Aufgrund der Coronapandemie ist es in New York neuerdings möglich, ein Testament oder eine Vorsorgevollmacht unter Verwendung der Audio-Video-Technologien zu errichten.
Das deutsche Erbrecht geht allerdings grundsätzlich von einer zwingend eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Erklärung für die wirksame Errichtung eines privaten Testaments im Sinne der §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB aus.
Voraussetzungen der eigenhändigen Errichtung im Sinne der §§ 2231 Nr.2, 2247 Abs. 1 BGB
Eine eigenhändige Errichtung im Sinne der §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB meint dabei, dass die rechtlich relevanten Bestandteile des Testaments unmittelbar von der Hand des Erblassers in dessen individueller Handschrift geformt werden. Diese eigenhändig geschriebene Errichtung soll vor allem der Fälschungssicherheit dienen, da durch die Zuordnung der Handschrift des Erblassers diese einer konkreten Person zugewiesen werden kann. Zudem soll die geforderte Eigenhändigkeit den Erblasser vor übereilten Verfügungen schützen. Ein maschinenangefertigtes Testament ist dagegen als Verstoß gegen die eigenhändige Errichtung im Sinne des §§ 2231 Nr.2, 2247 Abs. 1 BGB zu werten und somit unheilbar nach § 125 Satz 1 BGB formnichtig. Die Identifikation des Erblassers als Urheber des Testaments ist nicht anhand seiner individuellen Merkmale seiner Handschrift möglich, wenn das Testament nur maschinell vorliegt.
Errichtung mittels Touchpen
In der letzten Zeit werden Texte immer häufiger digital, mittels Eingabestiften, sogenannten Touch- oder Smartpens angefertigt. Bei der Errichtung eines Testaments ist zunächst die Frage zu klären, ob eine Errichtung des Testaments mit diesem eine Errichtung im Sinne der erbrechtlichen Vorschriften darstellt. Die Literatur geht davon aus, dass eine eigenhändige Errichtung des Testaments mit einem Touchpen auf einem Touchscreen nicht möglich ist. Insbesondere da handschriftlich verfasste Schriftzüge jederzeit nachbearbeitet werden können. Allerding schreibt das Gesetz nicht vor, welches Material der Verwender bei der Errichtung des Testaments verwenden muss. Notwendig sind nur die Lesbarkeit und die Dauerhaftigkeit des verwendeten Stoffes. Auch Testamente auf Bierdeckeln oder Ähnlichem sind unter Umständen wirksam. Durch die Nutzung eines Touchpens ist es möglich eine eigene zuordnungsbare Handschrift digital zu erstellen. Problematisch ist allerdings, dass die Eingaben des Verwenders erst durch eine zwischengeschaltete Software in Daten umgewandelt werden, weshalb es an der geforderten unmittelbaren, allein auf dem Willen des Erblassers beruhenden Erklärung fehlen könnte. Entscheidend ist, dass die Schreibsoftware ein hohes Maß an Fälschungssicherheit bietet. Wenn dies sichergestellt ist, kann mit der Errichtung eines Testaments mittels Touchpen von einer eigenhändigen und unmittelbar auf dem Willen des Erblassers beruhenden Testamentserrichtung ausgegangen werden. Dies gilt aber nur für die digitale Aufzeichnung im Endgerät. Ein Ausdruck der Aufzeichnung stellt eine bloße Kopie dar, die unzulässig ist.
Ob die Errichtung eines Testaments auf einem digitalen Endgerät möglich ist, wurde bisher noch nicht geklärt. In Zukunft ist eine gesetzgeberische Anpassung wohl unumgänglich.
Errichtung mittels Smartpen
Ob die Errichtung eines Testaments mittels Smartpen zulässig ist, wurde bislang noch nicht diskutiert. Touchpen und Smartpen unterscheiden sich in ihrer Verwendung erheblich. Der Smartpen ist ein elektronisches Schreibgerät, mit dem man Papier beschreiben kann. Daher entspricht das Schreiben mit dem Smartpen der handschriftlichen Anfertigung eines Textes mit einem gewöhnlichen Kugelschreiber. Das mit einem Smartpen beschriebene Papier stellt daher unproblematisch ein eigenhändig verfasstes Testament im Sinne des § 2247 Abs. 1 BGB dar. Im Unterschied zum Touchpen errichtet der Schreibende bei Nutzung eines Smartpens eben gerade primär keine digitale Datei. Er verfasst vielmehr eine zunächst analog vorhandene Texturkunde, während die elektronische Version nur nebenbei entsteht. Die elektronisch gespeicherten Daten können jedoch beliebig verfielfältigt werden, weshalb das elektronische Dokument nur als Kopie eingestuft werden kann.
Die Digitalisierung im Erbrecht wird also noch einige Zeit in Anspruch nehmen und künftig wohl die Gerichte beschäftigen, da technische Hilfsmittel aus dem Alltag beinahe nicht mehr wegzudenken sind. Bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments ist es wichtig auf die Formvorschriften zu achten und inhaltlich eindeutige Bestimmungen zu treffen. Bei Fragen rund um das Thema Testamentserrichtung- und gestaltung stehen wir Ihnen als erfahrene Experten im Erbrecht jederzeit kompetent zur Seite.
Rechtsanwalt Manuel Ast
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht