Erbrecht - Vorverstorbene Alleinerbin: Testamentsauslegung zugunsten der Tochter der als Erben eingesetzten Lebensgefährtin

Ein Mann hat nach einem Schlaganfall im Jahr 2012 ein handschriftliches Testament verfasst, in dem er seine langjährige Lebensgefährtin zur Alleinerbin einsetzte. Diese pflegte ihn, bis sie selbst im Jahre 2020 überraschend verstarb. Er erteilte daraufhin der einzigen Tochter der Lebensgefährtin eine umfassende Vorsorgevollmacht. Kurze Zeit später verstarb der Erblasser, der bis zu seinem Tod gemeinsam mit der Familie seiner Lebensgefährtin in einem Mehrgenerationenhaus lebte, ebenfalls. Schließlich berief sich die Nichte des Verstorbenen jedoch auf ihre Stellung als gesetzliche Erbin, wohingegen die Tochter der verstorbenen Lebensgefährten der Ansicht war, dass das Testament so auszulegen sei, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter als Ersatzerbin eingesetzt wurde.

Das Amtsgericht Bamberg kam auch zu diesem Ergebnis, und erteilte der Tochter der verstorbenen Lebensgefährten einen Alleinerbschein. Nach einer durchgeführten Beweisaufnahme war das Gericht der Ansicht, dass der Erblasser aufgrund seines Gesundheitszustandes überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte, dass seine Lebensgefährtin trotz seines eigenen schlechten Gesundheitszustandes vor ihm versterben könnte. Die Versorgungsgemeinschaft in das besondere Vertrauensverhältnis haben sich nach dem Tod der Lebensgefährten nahtlos zwischen dem Erblasser und der Familie seiner Lebensgefährtin, insbesondere in Person deren Tochter, fortgesetzt. So kam das AG Bamberg zu dem Schluss, dass der Erblasser die Tochter seiner Lebensgefährtin ohne weiteres als Ersatzerben bedacht hätte, wenn er im Zeitpunkt der Erstellung des Testaments die später eingetretene Entwicklung vorausschauend bedacht hätte (AG Bamberg, Beschluss vom 30.12.2021 – 55 VI 248/21).

Die Entscheidung zeigt erneut, wie wichtig es ist, in letztwilligen Verfügungen eindeutige Formulierungen zu treffen um Streitigkeiten um die Auslegung des Testierwillens zu vermeiden.

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