Erbrecht – Vorsorgevollmacht

Werden mehreren Personen zu einzelvetretungsberechtigende (Vorsorge-)Vollmachten erteilt, ermächtigen diese regelmäßig nicht zum Widerruf der (Vorsorge-)Vollmachten der weiteren Einzelvertretungsberechtigten.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.01.2022, AZ: 10 W 8/21.

Hintergrund

Das OLG Karlsruhe hatte folgende Fallgestaltung zu entscheiden:

Der Kläger hat den Beklagten und drei weiteren Kindern jeweils eine zur Einzelvertretung berechtigende notarielle Vorsorgevollmacht und Generalvollmacht erteilt.

Mit Schreiben vom 20.03.2018 widerrief eines der drei mitbevollmächtigten Kinder, die dem Beklagten erteilte Vorsorge- und Generalvollmacht und forderte diesen diesbezüglich zur Herausgabe der Vollmacht auf.

Im nachfolgenden Schreiben vom 20.11.2020 widerrief auch der Kläger selbst gegenüber dem Beklagten die Vollmacht und verlangte die Herausgabe der Vollmachtsurkunde.

Strittig war, ob der Widerruf der Vollmacht durch einen Mitbevollmächtigten wirksam war.

Das OLG teilt in seinem Beschluss mit, dass im Falle der gleichzeitigen Erteilung der Einzelvertretungsbefugnis an mehrere Personen im Rahmen einer Vorsorgevollmacht im Wege der Auslegung gemäß § 133 BGB in aller Regel ausgeschlossen ist, dass der eine Bevollmächtigte die Einzelvertretungsvollmacht eines anderen Bevollmächtigten widerrufen kann.

Es ist zwar selbstverständlich ein einzelner Bevollmächtigter bevollmächtigt, andere vom Vollmachtsgeber erteilte Vollmachten zu widerrufen, allerdings sind diese Befugnisse dahingehend eingeschränkt, dass mehrere zur Einzelvertretung ermächtigte Bevollmächtigte ihre erteilten Vollmachten nicht wechselseitig widerrufen können.

Grundlage hierfür ist die Entscheidung des Vollmachtgebers, allen Personen nebeneinander die gleichen Vertretungsrechte einzuräumen. Aus dieser parallelen Bevollmächtigung wird geschlossen, dass ein wechselseitiger Widerruf ausgeschlossen ist.

Ansonsten würde ein Wettlauf hinsichtlich des ersten wirksamen Widerrufs innerhalb der Bevollmächtigten entstehen können.

Die Entscheidung macht deutlich, dass man davon absehen sollte, mehrere Einzelvollmachten nebeneinander zu erteilen. Es sollte auch immer eine Reihenfolge der Bevollmächtigten in die jeweilige Vollmacht aufgenommen werden, um Streitigkeiten unter den Bevollmächtigten vorzubeugen.

Bei Fragen rund um die Erteilung von Vorsorgevollmachten bzw. der Auslegung bereits vorhandener Vollmachten stehen Ihnen unsere auf das Erbrecht spezialisierte Anwälte kompetent zur Verfügung.