Erbrecht und vorweggenommene Erbfolge/Pflichtteil- Aktuelle Entscheidung des OLG München zur Zulässigkeit einer Schenkung mit Weitergabeverpflichtung

Das OLG München hat entschieden, dass aus einer schuldrechtlichen Verpflichtung zur Weiterübertragung eines Grundstücks an die Kinder des Erblassers, ein unmittelbarer Anspruch der Kinder auf Erfüllung dieser Auflage besteht. (OLG München, Urteil vom 08.02.2021, Az.: 33 U 4723/20)

Hintergrund

Die beiden Kläger, zu deren Gunsten ebenso wie zugunsten des Beklagten zu 2) im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks eingetragen ist, begehren von den beiden Beklagten Zustimmung zur (anteiligen) Übertragung eines Grundstücks in München auf die Kläger und den Beklagten zu 2) und Bewilligung von deren Eintragung im Grundbuch jeweils zu 1/3 als Eigentümer vor dem Hintergrund das streitgegenständlichen Grundstücks betreffender notarieller Schenkungsvereinbarungen zwischen ihrem Großvater, verstorben im März 2019, und ihrem Vater., verstorben im September 2017.

Die Kläger sind die Kinder aus der ersten Ehe des Erblassers, die 1995 geschieden wurde. Die Beklagte zu 1) ist die zweite Ehefrau des Erblassers, wobei die Ehegatten mit notariellem Ehevertrag vom u.a. Gütertrennung vereinbart hatten. Der Beklagte zu 2) ist der Sohn aus der zweiten Ehe des Erblassers, mithin der Halbbruder der Kläger. Die Parteien sind wohl kraft gewillkürter Erbfolge Mitglieder der Erbengemeinschaft nach dem Erblasser. Der Vater des Erblassers (Großvater der Kinder) und der Erblasser haben bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks notarielle Vereinbarungen getroffen. Darüber hinaus wurde zu der das streitgegenständliche Grundstück betreffenden „Hausübergabe“ in dem zwischen dem Vater des Erblassers und seiner Ehefrau im Oktober 2006 geschlossenen Erbvertrag vereinbart, dass die Ehegatten das gegenständliche Hausanwesen an ihren Sohn übergeben und ihn u.a. zugleich zur Weitergabe des Anwesens an die gegenwärtigen und künftigen leiblichen Kinder des Übernehmers als Miteigentümer zu gleichen Teilen. Über die Weitergabe haben die Ehegatten mit ihrem Sohn weiterführende Vereinbarungen getroffen, wodurch letztlich die erstehelichen Kinder des Erblassers das Anwesen spätestens beim Tode ihres Vaters als Miteigentümer zu je ein Halb bekommen sollen.“

 

LG München: Anspruch auf Auflassung und Eigentumsübertragung

Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Auflassung und Eintragung der Eigentumsübertragung im Grundbuch nach § 1967 BGB. Die Beklagten hätten als Miterben des Erblassers dessen Schuld aus der zwischen dem Erblasser und dem Großvater wirksam vereinbarten Schenkungsauflage, wonach der Erblasser zur unentgeltlichen Weitergabe der Immobilie an seine Kinder spätestens bis zu seinem Tod verpflichtet gewesen sei, zu erfüllen.

 

OLG: Individualvereinbarung führt zu Anspruch der Kinder

Das OLG München hat entschieden, dass wegen der zwischen dem Großvater und dem Erblasser geschlossenen Individualvereinbarungen den leiblichen Kindern des Erblassers, mithin auch den Klägern, der geltend gemachte Anspruch auf Auflassung und Eintragung im Grundbuch als Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks zu je 1/3 gemäß § 1967 BGB zusteht. Insbesondere ist der Erblasser gegenüber dem Schenker eine wirksame schuldrechtliche Verpflichtung (Auflage zur Erstschenkung) zur Weiterübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks auf seine Kinder eingegangen, zu erfüllen zu Lebzeiten, spätestens mit seinem Tode. Die Kläger haben gegen die Beklagten unmittelbar einen Anspruch auf Erfüllung dieser Auflage.

 

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