Erbrecht – „Testamentum Mysticum“ wegen unzulässiger Bezugnahme auf Anlage
Eine Person wird nicht Erbe, wenn sich ihre Identität nicht aus dem eigenhändigen Testament ergibt und nur unter Bezugnahme auf eine formnichtige Anlage ermittelt werden kann. Der BGH hat eine beigefügte Liste der Erben als formunwirksam eingestuft, da sie zwar unterzeichnet, aber maschinengeschrieben war. Dadurch handle sich hier um ein sogenanntes Testamentum Mysticum.
Hintergrund:
Ein Ehepaar hatte in einem handschriftlichen Testament auch die Frage geregelt, wer nach dem Tod beider Partner Nacherbe werden sollte. Für einen Teil des Erbes hat es Folgendes bestimmt:
„Erbteil P./I. fällt an eine Erbengemeinschaft aus fünf befreundeten Familien, da die Ehefrau außer ihrem Ehemann keine Erben hat. Namen und Adressen für das Erbteil I. sind im PC-Ausdruck angehängt und persönlich unterschrieben.“ Während das Amtsgericht Groß-Gerau zweien der Freundinnen noch einen Erbschein ausstellte, erklärte das OLG Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Tochter hin, die Erbeinsetzung für unwirksam. Für einen Dritten sei ohne Rückgriff auf die nicht in Testamentsform erstellte Anlage die Identität der Erben nicht zu bestimmen. Der BGH schloss sich dieser Auffassung an.
BGH – Klarheit des Testaments
Dabei räumte der BGH, wie zuvor schon das OLG, durchaus ein, dass die Freunde nach dem Willen des Paares wahrscheinlich hätten erben sollen. Dies lasse sich aber nicht aus dem Testament herauslesen. Denn auch durch Auslegung sei nicht bestimmbar, welche Familien zum Kreis der bedachten Personen gehören sollten. Dabei ist nach Ansicht des vierten Zivilsenats die testamentarische Erwähnung von fünf Familien kein ausreichender Anhaltspunkt für eine Andeutung des Erblasserwillens. Dieser ergebe sich hier nur aus der Anlage, die nicht handschriftlich und damit formnichtig errichtet worden sei. Insgesamt sei die Erbeinsetzung durch den hier unverzichtbaren Rückgriff auf die Erbenliste nach den Grundsätzen des Testamentum Mysticum unwirksam. Die Karlsruher Richter kritisierten in diesem Zusammenhang eine Verwischung der Trennlinien durch die bisher in der Rechtsprechung übliche Unterscheidung in eine zulässige Erläuterung des erklärten Willens und eine unzulässige Inhaltsbestimmung des Testaments. Teilweise seien zu großzügige Verweisungen auf formnichtige Anlagen akzeptiert worden.
BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – IV ZB 30/20
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