Erbrecht – Testament - Ein widerrufenes notarielles Testament bleibt unwirksam, auch wenn es erneut unterschrieben wird
Die erneute Unterschrift unter der beglaubigten Abschrift des wirksam widerrufen notariellen Testaments stellt weder ein formwirksames öffentliches notarielles Testament noch ein formwirksames eigenhändiges handschriftliches Testament dar.
OLG München, Beschluss vom 26.01.2022, 31 WX 441/21
Hintergrund:
Die Erblasserin hatte zunächst im Jahr 2017 ein formwirksames notarielles Testament errichtet, das sie 2018 durch ein handschriftliches Testament widerrufen hat. Im Jahr 2019 fügte die Erblasserin nachträglich ihre Unterschrift nebst Datum unter die beglaubigte Abschrift des wirksam widerrufenen notariellen Testaments aus dem Jahre 2017. Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens hatte das Nachlassgericht zu klären, ob das handschriftliche Testament aus dem Jahre 2018 oder das Schriftstück aus dem Jahre 2019 Grundlage für die Erteilung eines Erbscheins ist.
Das Nachlassgericht war der Auffassung, die Erbfolge richte sich allein nach dem handschriftlichen Testament aus dem Jahre 2018. Hiermit war die Begünstigte aus dem Schriftstück des Jahres 2019 nicht einverstanden, so dass das OLG München entscheiden musste.
OLG München – kein wirksames Testament
Die Münchner Richter führten aus, dass die nachträgliche Unterschrift aus dem Jahr 2019 unter der beglaubigten Abschrift des wirksam widerrufenen notariellen Testaments kein wirksames Testament darstellt. Liegt allein eine durch den Notar errichtete Urkunde vor, deren Abschrift nunmehr von der Erblasserin erneut lediglich mit einem Datum versehen und unterschrieben wird, genügt dies den Anforderungen des Gesetzes nicht. Dieses Schriftstück stellt weder ein öffentliches Testament im Sinne des § 2232 BGB dar, noch ein formwirksames eigenhändiges Testament im Sinne von § 2247 BGB. Damit bestätigte das OLG die Entscheidung des Nachlassgerichts, dass das Schriftstück aus dem Jahr 2019 nicht für die Erbfolge maßgeblich ist, sondern das handschriftliche Testament aus dem Jahr 2018.
Die Entscheidung verdeutlicht wieder, dass das Erbrecht sehr hohe formale Anforderungen enthält. Wir empfehlen daher, sich bei komplexeren letztwilligen Verfügungen Rat von einem Fachanwalt oder einer Fachanwältin für Erbrecht zu holen.
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Rechtsanwalt Manuel Ast
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht