Erbrecht - Prüfung erst im Erbscheinsverfahren: Nachlassgericht darf nicht vorzeitig Wirksamkeit der Erklärung zur Erbschaftsausschlagung bewerten

Ob ein Erbe die Annahme einer Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat, ist eine Frage, die das Nachlassgericht nur im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens prüfen darf. Sollte es darüber hinaus seine Befugnisse überschreiten, wie etwa mit der Bewertung der Wirksamkeit der Erbschaftsausschlagung, ist dies unzulässig (OLG Nürnberg, Beschluss vom 01.12.2021 – 1 W 3870/21).

Hintergrund

Die verstorbenen Erblasser hinterließen insgesamt sechs Kinder aus der gemeinsamen Ehe. Sie hatten sich aufgrund eines notariellen Erbvertrages gegenseitig zu alleinigen befreiten Vorerben eingesetzt. Zu Nacherben des Erstversterbenden wurden die gemeinsamen Kinder berufen, die darüber hinaus zu Schlusserben des Längstlebenden werden sollten. Nach dem Tod des Vaters wurde von zwei Geschwistern die Ausschlagung der Nacherbschaft erklärt, mit dem Ziel, den Pflichtteil geltend zu machen. Nach dem Tod der Mutter wurde die Erbschaft durch mehrere Geschwister ausdrücklich angenommen. In der Folge eines Rechtsstreits über den Pflichtteil zwischen den Geschwistern erklärten dann zwei von ihnen die Anfechtung der Annahme der Erbschaft mit der Begründung, sie hätten sich über die Zusammensetzung und Werthaltigkeit des Nachlasses geirrt. So seien sie davon ausgegangen, dass der Pflichtteilsanspruch bereits erfüllt gewesen sei. Das Nachlassgericht hat daraufhin durch den Rechtspfleger einen Feststellungsbeschluss erlassen, in welchem festgestellt wurde, dass drei der Beteiligten aufgrund einer wirksamen Anfechtung der Annahme der Erbschaft nicht Erben geworden sind. Hiergegen richtete sich die Beschwerde einer Miterbin, die vor dem OLG auch erfolgreich war.

Bewertung Erklärung Erbschaftsausschlagung erst im Erbscheinsverfahren

Sofern dem Nachlassgericht eine Erklärung über die Ausschlagung einer Erbschaft oder die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft zugeht, hat das Gericht nach einer Prüfung der örtlichen Zuständigkeit lediglich die Erklärung entgegenzunehmen, auch wenn sie diese für später verspätet oder unwirksam hält. Die Information der Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung wird lediglich an diejenigen weitergeleitet, die von dieser Erklärung betroffen sind. Das Nachlassgericht entscheidet nicht über die Wirksamkeit der Erklärung. Erst im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens erfolgt eine Prüfung der Wirksamkeit der Erklärung.

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