Erbrecht - OLG München - Pflichtteilsberechtigter hat im Rahmen des Auskunftsanspruchs zu Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen keinen Anspruch auf Vorlage von Belegen
1.
Der Pflichtteilsberechtigte hat im Rahmen des Auskunftsanspruchs zu Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen grundsätzlich keinen Anspruch auf Vorlage von Belegen.
2.
Wird der Beklagte nicht zur Auskunftserteilung, sondern auch zur Belegvorlage verurteilt, kommt es für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes auch auf die Kosten an, die mit der Beschaffung der Belege verbunden sind.
(OLG München, Urteil vom 23.08.21 – 33 U 325/21).
Hintergrund
Das OLG München hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem die Parteien sich über Pflichtteilsansprüche gestritten haben. Der Kläger ist der Sohn der am 12.01.2019 verstorbenen Erblasserin, der Beklagte ihr Ehemann. Die Erblasserin wurde vom Beklagten allein beerbt. Der Kläger begehrte mit seiner Klage Auskunft und Belegvorlage vom Beklagten, um seine Pflichtteilsansprüche beziffern zu können. Der Beklagte verteidigte sich mit der Behauptung, ein Anspruch auf Belegvorlage bestünde nicht, im Übrigen seien die Belege bereits zum Teil vorgelegt worden. Das Erstgericht hat der Klage mit Teilurteil vom 16.12.2020 stattgegeben. Es sah die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Belegvorlage als gegeben an.
OLG München: Kein Anspruch auf Vorlage von Belegen
Das OLG München teilt nicht die Ansicht des Landgerichts München, wonach im vorliegenden Falle neben der Verurteilung zur Auskunftserteilung, die vom Beklagten mit der Berufung nicht angegriffen wurde, auch eine Vorlage von Belegen zu erfolgen hat. Die zu erteilende Auskunft des Erben im Rahmen des § 2314 BGB erstreckt sich auf alle Berechnungsfaktoren und somit auf alle tatsächlich zum Erbfall vorhandenen Aktiv- und Passivposten. Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur besteht kein allgemeiner Anspruch auf Belegvorlage im Rahmen eines Auskunftsanspruchs. Eine Pflicht zur Vorlegung von Belegen besteht ausnahmsweise dann, wenn ein Unternehmen zum Nachlass gehört und die Beurteilung seines Wertes ohne Kenntnis insbesondere der Bilanzen und ähnlicher Unterlagen dem Pflichtteilsberechtigten nicht möglich wäre. Eine Vorlage von Belegen kann ausnahmsweise auch dann gefordert werden, wenn der Wert einzelner Nachlassgegenstände ungewiss ist und die Vorlage einzelner Unterlagen erforderlich ist, damit der Pflichtteilsberechtigte den Wert der Gegenstände selbst abschätzen kann.
Das OLG München entscheidet nach langer Zeit eine oft diskutierte Frage, ob im Rahmen der Auskunftserteilung des § 2314 BGB nicht nur Auskünfte erteilt, sondern auch Belege vorgelegt werden müssen. Das OLG verneint dies, bis auf die Ausnahme von Spezialfällen.
Unsere auf das Erbrecht spezialisierten Anwälte stehen Ihnen bei Fragen rund um das Thema Geltendmachung und Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen als auch bei deren Abwehr gerne zur Verfügung.
Rechtsanwalt Manuel Ast
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht