Erbrecht/Immobilienrecht- Entscheidung des BGH zur Wissenszurechnung bei Rechtsgeschäften eines Testamentsvollstreckers

„1. Die Denkmaleigenschaft des Kaufobjekts kann einen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB begründen.

2. Verkauft der Testamentsvollstrecker ein Nachlassgrundstück, kann ihm die Kenntnis der Erben über Mängel der Kaufsache oder andere offenbarungspflichtige Umstände nicht nach den für juristische Personen und öffentliche Körperschaften geltenden Grundsätzen über die Organisation eines innerbetrieblichen Informationstausches zugerechnet werden.

3. Eine solche Zurechnung findet auch im Verhältnis eines Grundstücksverkäufers zu einer von ihm (nur) mit der Verwaltung des Grundstücks beauftragten, rechtlich und organisatorisch selbstständigen Hausverwaltung nicht statt. „

BGH, Urteil vom 19.03.2021 – V ZR 158/19

Denkmalschutz als Sachmangel

Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung ein weiteres Mal zur Bedeutung des Denkmalschutzes beim Verkauf älterer Immobilien Stellung genommen. Dass die bestehende Denkmaleigenschaft einer Immobilie einen kaufrechtlichen Sachmangel (§ 434 BGB) darstellen kann, ist in der Rechtsprechung des BGH seit langem geklärt. Der Kaufgegenstand muss sich „für die gewöhnliche Verwendung eignen und eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann.“ Die Denkmaleigenschaft einer Immobilie begründet Verpflichtungen und Beschränkungen, die nach der Bewertung des BGH einer öffentlich-rechtlichen Baubeschränkung gleichkommen, weil es dem Eigentümer danach verwehrt ist, ohne Genehmigung der Denkmalschutzbehörde Änderungen am Gebäude vorzunehmen und er umgekehrt zur denkmalgerechten Erhaltung und Einhaltung (häufig sehr kostspieliger) Auflagen bei genehmigten Umbaumaßnahmen verpflichtet ist. Die denkmalgeschützte Immobilie eignet sich, so der BGH, daher nicht für die gewöhnliche Verwendung des Immobilienkäufers und weist eine Beschaffenheit auf, die eben nicht üblich ist und ein Käufer regelmäßig nicht erwarten muss.

 

Immobilie stand bei Abschluss des Kaufvertrages nicht unter Denkmalschutz

Die Besonderheit der aktuellen Entscheidung findet sich darin, dass das Kaufobjekt bei Anbahnung und Abschluss des Kaufvertrages noch nicht einmal unter Denkmalschutz stand. Zwar hatte die Denkmalschutzbehörde bereits Interesse gezeigt, indem sie das Haus in einer Vorprüfung in das örtliche Verzeichnis erkannter Denkmäler aufgenommen hatte. Der Denkmalstatus wäre nach der bei Vertragsschluss gültigen Fassung des Hamburger Denkmalschutzgesetzes aber erst mit Eintragung in die Denkmalliste begründet worden.

 

Aktive Offenbarungspflicht des Verkäufers

Der BGH stellt aber fest, dass den Verkäufer schon in einem solchen Stadium eine aktive Offenbarungspflicht trifft, weil ein Umstand vorliege, der für die Entschließung des Käufers von entscheidender Bedeutung sei und dessen Mitteilung er daher „nach der Verkehrsauffassung“ erwarten darf. Dass der Verkäufer im Kaufvertrag darauf hinwies, dass das Haus nach seiner Kenntnis zwar nicht auf der Denkmalliste verzeichnet war, es jedoch „aus Sicht des Denkmalpflegers erhaltenswerte Bauelemente“ gab, reichte dem BGH zur Erfüllung der Verkäuferpflicht nicht aus. Die Eintragung in die Denkmalliste erfolgte dann tatsächlich nach dem Kauf.

Auch wenn der Verkäufer letztlich aufgrund anderer Umstände nicht zur Zahlung des erheblichen Schadensersatzes von mehr als zwei Millionen Euro verurteilt wurde, zeigt das Urteil einmal mehr die Bedeutung des Denkmalschutzes als Störfaktor beim Immobilienkauf. Auch in Hinsicht auf das Erbrecht ist die Entscheidung interessant, da die Karlsruher Richter entschieden haben, dass dem Testamentsvollstrecker die Kenntnis der Erben nicht zugerechnet werden kann, ihn daher nicht die weitreichende Haftung in Bezug auf die Sachmangelgewährleistung trifft.

 

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