Erbrecht- Formloser Pflichtteilsverzicht kann gültig sein

1.

„Eine Anfechtung wegen Irrtums nach § 119 Abs. 1 BGB ist nicht möglich, wenn der Anfechtende formfrei einen Pflichtteilsverzicht (als Erlassvertrag nach dem Tod des Erblassers) erklärte in der Annahme, dieser sei nicht rechtsverbindlich, wobei seine eigentliche Motivation darin lag, durch diese Erklärung, bei der davon ausging, dass der Pflichtteilsverpflichtete sie für rechtsverbindlich hält, eine andere Zahlung des Pflichtteils verpflichteten, die gleichfalls zwischen diesen beiden Parteien streitig war, zu bewirken.

 

Weder ein krasses Missverhältnis zwischen dem potentiellen Pflichtteil und einen im Gegenzug für den Verzicht angebotenen Betrag, noch eine finanzielle Notlage des pflichtteilsberechtigten vermögen als solche eine Sittenwidrigkeit des Pflichtteilsverzichts zu begründen.“


Wer über seinen Pflichtteilsverzicht irrt, kann ihn weder durch Anfechtung noch wegen Sittenwidrigkeit beseitigen. Dies zeigt ein Hinweisbeschluss des OLG Koblenz- 12 U 1681/20.

Hintergrund

 

Ein Mann erklärt nach dem Tod seiner Mutter gegenüber dem Erben formlos einen Pflichtteilsverzicht. Dabei geht er davon aus, dass dieser mangels Einhaltung einer Form nicht rechtsverbindlich sei. Mit der Erklärung will er lediglich den Erben dazu bringen, ihm kurzfristig 200.000,00 € aus einer angeblichen Forderung gegen die Erblasserin zu bezahlen. Als er erfährt, dass der Verzicht als Erlassvertrag formgültig und wirksam ist, ficht er diesen an und verlangt seinen Pflichtteil.

 

Verzicht ist nicht sittenwidrig

Eine Anfechtung komme nur in Betracht, wenn das Rechtsgeschäft andere als die erstrebten Rechtsfolgen erzeuge. Hier aber gab der Mann seine Erklärung in der Erwartung ab, dieser erzeuge überhaupt keine Rechtsfolgen, so die Koblenzer Richter. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Erben scheide ebenfalls aus. Vielmehr müsse der Mann sich selbst arglistiges Handeln vorwerfen lassen. Auch eine Sittenwidrigkeit des Pflichtteilsverzichts sahen die Koblenzer Richter nicht. Einerseits lege der Kläger nicht belastbar da, wie hoch der potentielle Pflichtteil ausgefallen wäre. Andererseits hätte es ihm freigestanden, den Pflichtteilsverzicht nicht zu unterzeichnen, sondern die Zahlung der 200.000,00 € und den Pflichtteil geltend zu machen. Dass sich der Mann angeblich in einer finanziellen Notsituation befunden habe, könne nicht zulasten des Erben gehen.

 

Bei Fragen rund um das Thema Pflichtteilsverzicht, Erlassvertrag und Fragen zur entsprechenden  Form stehen Ihnen unsere auf das Erbrecht spezialisierten Anwälte gerne zur Verfügung.