Erbrecht – BGH zum Verhältnis von transmortaler Vollmacht und Testamentsvollstreckung
Der BGH hat zu entscheiden, wie das Verhältnis einer über den Tod hinaus eingeräumten Vollmacht zu einer angeordneten Testamentsvollstreckung ist (BGH, Beschluss vom 14.09.2022 – IV ZB 34/21).
Hintergrund
Eine Testamentsvollstreckerin stritt mit der Enkeltochter einer im April 2020 verstorbenen Erblasserin, ihrer Auftraggeberin, wegen einer Antragsrücknahme in einem Güterechtsverfahren. Ursprünglich hatte die Großmutter das Verfahren gegen ihren von ihr getrennt lebenden Ehemann geführt. Im Januar 2020 erteilte sie ihrer Enkelin eine Vorsorgevollmacht, die auch nach ihrem Tod fortdauern sollte. Sie bevollmächtigte die Frau, sie in allen persönlichen Angelegenheiten sowie in Vermögensangelegenheiten gerichtlich zu vertreten. Im Februar 2020 setzte die Seniorin ihre Nachfahrin als Alleinerbin ein. Sie ordnete Testamentsvollstreckung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres an und bestellte eine Testamentsvollstreckerin. In einer handschriftlichen letztwilligen Verfügung vom 22.02.2020 verfügte sie unter anderem, den Rechtsstreit fortführen zu lassen und ordnete ergänzend hierfür die Testamentsvollstreckung durch ihren Anwalt an. Für alle anderen Bereiche sollte die Testamentsvollstreckerin zuständig bleiben. Nach dem Tod der Großmutter erklärt ihre Enkelin die Antragsrücknahme. Der Exmann stimmte dem zu.
OLG Rostock – fehlende Beschwerdeberechtigung
Das AG Ludwigslust legte der Antragstellerin auf Antrag ihres Mannes die Verfahrenskosten auf. Die sofortige Beschwerde der Testamentsvollstreckerin scheiterte beim OLG Rostock, da sie nicht beschwerdeberechtigt wäre. Die Erblasserin habe ihre Ernennung zur Testamentsvollstreckerin mit ihrer nachfolgenden Verfügung vom 22.02.2020 nach § 2258 Abs. 1 BGB für die Güterrechtssache wieder aufgehoben und insoweit allein ihren Anwalt zum Testamentsvollstrecker berufen. Auch die Rechtsbeschwerde beim BGH hatte keinen Erfolg.
Den Karlsruher Richtern zu Folge sind dem OLG bei der Auslegung der letztwilligen Verfügung vom 22.02.2020 keine Rechtsfehler unterlaufen. Es habe sich am klaren Wortlaut des Testaments orientiert und daraus entnommen, dass die Erblasserin für die Rechte im Ausgangsverfahren allein den Anwalt zum Testamentsvollstrecker ernannt und sie einer Verwaltung durch die Testamentsvollstreckerin wieder entzogen habe, indem sie das Testament vom 11.02.2020 teilweise nach § 2258 Abs. 1 BGB widerrufen habe. Andere Auslegungsmöglichkeiten ließ die letztwillige Verfügung dem BGH zu Folge nicht zu.
Die Beschwerdeführerin sei auch nicht aufgrund der ihr erteilten postmortalen Generalvollmacht vom 11.02.2020 zur Einlegung der sofortigen Beschwerde befugt gewesen. Zwar könne diese selbstständig neben der Testamentsvollstreckung stehen und dem Bevollmächtigen eigenständige Befugnisse verleihen. Allerdings habe das OLG diese so ausgelegt, dass der Frau die Vollmacht im inneren Zusammenhang mit ihren Aufgaben als Testamentsvollstreckerin erteilt worden sei, so dass ihr von vorn herein keine über ihr diesbezügliches Amt hinausgehenden Befugnisse verliehen worden waren. Der insoweit zuständige Anwalt habe als Testamentsvollstrecker die Entscheidung der Erben bewusst akzeptiert.
Fazit
Die Entscheidung zeigt erneut, dass man bei Vorsorge- und Nachfolgegestaltung genau darauf achten muss, wen man für welchen Zeitraum welche Rechte einräumen möchte. Ordnet der Erblasser Testamentsvollstreckung an, sollte er nicht parallel dazu Dritten Vollmachten für bestimmte Rechtsgeschäfte ausstellen. Besser ist es, dem Testamentsvollstrecker zugleich mit der Ernennung eine postmortale Vollmacht zu erteilen. So kann der Testamentsvollstrecker schneller agieren.
Unsere auf das Erbrecht spezialisierten Anwälte beraten Sie gerne, wie Sie Ihre Vorsorge und Nachfolge gestalten um derartige Interessenkollisionen zu vermeiden.
Rechtsanwalt Manuel Ast
Fachanwalt für Erbrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht