Erbrecht – Ausschlagung der Erbschaft: Irrtum des Ausschlagenden über die an seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person

Häufig kommt es vor, dass, wenn ein Elternteil verstirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, die Kinder durch eine Ausschlagung des Erbes die Mutter zu Alleinerbin machen. Dies kann allerdings zu einer Erbfolge führen, die von keinem der Beteiligten gewollte war.

Der BGH hatte in einem Fall zu entscheiden, in welchem die Familie nach der Erbausschlagung des Sohnes erfahren hat, dass der Erblasser noch eine Schwester hinterlassen hat, die nach Wegfall der Kinder aus der Erbfolge zusammen mit der Witwe Erbin geworden ist. Als der Sohn seinen Irrtum bemerkte, hat er die Ausschlagung angefochten. Er war davon ausgegangen, dass seine Mutter Alleinerbin wird. Eine Nachlassbeteiligung der Tante hatte er nicht erwartet und nicht gewollt.

Die Karlsruher Richter entschieden, dass die Anfechtung der Erbausschlagung unwirksam ist, da kein rechtlich beachtlicher Anfechtungsgrund nach den §§ 119 ff. BGB vorliegt.

Grundsätzlich könne zwar auch eine Erklärung angefochten werden, wenn der Erklärende über die Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irre. Das gelte aber nur, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeuge. Bei einer lenkenden Erbausschlagung lehnt der BGH dies aber ab. Hier handele es sich um einen bloß unbeachtlichen Motivirrtum, da der Sohn über die übermittelbaren Rechtsfolgen seiner Ausschlagung geirrt habe, indem er dachte, dass nur seine Mutter Alleinerbin wird. Wer im Falle der Erbausschlagung Erbe werde, ergebe sich aus dem Gesetz. Ein Irrtum resultiere aus der fehlerhaften Gesetzesanwendung.

BGH, Beschluss vom 22.03.2023 – IV ZB 12/22

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